25 Jahre Kontaktladen – Hilfe für Suchterkrankte in Göttingen
Sendung: | Mittendrin Bürgerfunk |
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AutorIn: | Jeanine Rudat |
Datum: | |
Dauer: | 04:07 Minuten bisher gehört: 137 |
Manuskript
Hinweis: Der Beitrag stammt aus der Bürgerfunksendung von "Heaven@11"; produziert wird diese von der Evangelischen Kirche. Heaven@11 hören Sie jeden 1. Donnerstag im Monat in unserer ökumenischen Bürgerfunksendung „Heaven@11“ um 11 und 19 Uhr. In der kommenden Sendung am 1. August, geht es unter anderem um das Thema „Cannabis-Legalisierung“ und Schulstarthilfe.
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Am Leinekanal direkt neben der St. Marienkirche in Göttingen liegt der Kontaktladen der Fachstelle für Sucht und Suchtprävention der Diakonie. Die Einrichtung des Ev.-luth. Kirchenkreises Göttingen-Münden feiert in diesem Jahr ihr 25-jähriges Bestehen. Dass die Mitarbeitenden für drogenabhängige Menschen so gut zentral erreichbar sind, was auch das Streetwork erleichtert, war nicht immer einfach umzusetzen. Entstanden 1999 in der Mauerstraße noch unter dem Namen „Wallstreet“ musste der Kontaktladen 2017 nach einer Eigenbedarfskündigung neue Räumlichkeiten finden. Und dies war nicht gerade leicht, wie Suchttherapeut Markus Lingemann berichtet:
O-Ton 1, Markus Lingemann, 26 Sekunden
„Viele Menschen finden es gut, wenn es einen Kontaktladen gibt, aber nicht in ihrem Umfeld, sondern bitte am anderen Ende der Stadt. Dann hat uns die St. Mariengemeinde dankenswerterweise aufgenommen, wir konnten dort einen Kontaktladen einrichten, der zwar räumlich eigentlich zu klein ist, aber mit einem schönen Außenbereich war es in den ersten Jahren gut möglich, das Angebot dort fortzuführen.“
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Genau dieser Außenbereich war es dann auch, der es der Einrichtung ermöglichte auch in der Corona-Pandemie für ihre Klient:innen da zu sein. Als einzige Einrichtung des niedrigschwelligen Bereiches in Göttingen, so Lingemann, habe man weiterhin geöffnet gehabt.
O-Ton 2, Markus Lingemann, 18 Sekunden
„Das Geschäft passierte draußen und das auch bei minus zehn und minus 20 Grad. Und an der Stelle hat sich wirklich gezeigt, dass unsere Mitarbeitenden für die ärmsten der Armen da sind und christliche und diakonische Arbeit im eigentlichen Sinne betreiben.“
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Grundgedanke der Einrichtung ist, dass auch die Drogenkonsument:innen, die nicht auf die Einnahme von Suchtmitteln verzichten können, Anspruch auf menschenwürdige, gesunde und soziale Lebensbedingungen haben, erläutert Sozialarbeiterin Petra Falkuß.
O-Ton 3, Petra Falkuß, 22 Sekunden
„Das bedeutet für die Personen, die zu uns kommen, dass sie zunächst Akzeptanz und Wertschätzung erfahren, und unsere Hilfe und Unterstützung kurzfristig und unverbindlich in Anspruch nehmen können. Wir bieten während unserer Öffnungszeiten ein kleines Frühstück an, das auch sehr gerne und gut von den Klientinnen und Klienten in Anspruch genommen wird. Einige nutzen den Kontaktladen als Tagesstruktur und bei uns finden auch Freizeitangebote statt.“
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Zudem können die Klient:innen Spritzen tauschen, erhalten Hilfe im Umgang mit Behörden, wie z.B. bei der Antragstellung von Sozialleistungen oder sie werden auch in andere Einrichtungen vermittelt, z.B. an Schuldnerberatungsstellen. Der Konsum von Alkohol, Cannabis oder illegalen Drogen ist im Kontaktladen verboten. In der Drogenberatung haben es die Mitarbeitenden vor allem mit Cannabis zu tun, aber auch Amphetamine, Ecstasy und opiathaltige Medikamente sind ein großes Thema. Im niedrigschwelligen Bereich ist es vor allem MDPV, auch Flex genannt.
O-Ton 4, Petra Falkuß, 31 Sekunden
„Flex ist eine sehr gefährliche Droge. Sie wirkt schnell, allerdings lässt die Wirkung auch schnell nach, sodass das craving, also das Verlangen nachzulegen und das Suchtpotential sehr groß sind. Die Droge unterdrückt das Hungergefühl, hält die Menschen wach, sodass diese teilweise tagelang nicht schlafen. Die Menschen sind eigen- und fremdgefährdend. Also sie können innerhalb von Sekunden extrem aggressiv werden, sie können psychotische Symptome entwickeln und man kann auch beobachten, wie sie körperlich stark abbauen.“
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Die Konsument:innen ignorieren diese Gefahren oft, um einen günstigen und starken Rausch zu bekommen. Um sie dennoch immer wieder auf die Risiken aufmerksam zu machen und auch mögliche neue Konsument:innen zu sensibilisieren, werden Gespräche geführt und es liegen auch Informations- und Warnflyer vor Ort aus. Etwa 30 bis 40 Personen suchen den Kontaktladen täglich auf. Weitere Kontakte entstehen beim Streetwork.
Zur Verfügung gestellt vom StadtRadio Göttingen
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