Sendung: Mittendrin Redaktion
AutorIn: Marco Mellinger
Datum:
Dauer: 03:31 Minuten bisher gehört: 235
Falls Sie in den letzten Monaten durch eine der beiden Masch-Straßen in Göttingen gefahren sind oder im Gebiet spazieren waren, dürfte Ihnen vielleicht ein grünes Auto aufgefallen sein. Das rollt allerdings nicht, nein, Das Metallgestell symbolisiert ein parkendes Auto, das die Zufahrt in die Masch-Straßen aus der Godehard-Straße verhindert. Das war ein Modellversuch der Stadt Göttingen, Marco Mellinger berichtet was dabei rauskam.

Manuskript

Text

Seit Ende Juni letzten Jahres steht direkt am Platz der Synagoge auf der Kreuzung zwischen den Masch-Straßen und dem Waageplatz das grüne Abbild eines Autos aus Metall gemeinsam mit ein paar Sitzbänken und Blumenkübeln. Diese Straßensperrung sollte den Verkehr beruhigen und das Wohnviertel der Masch-Straßen entlasten. Der Verkehr, aus der Godehard Straße kommend, wird nun umgelenkt, eine Einfahrt in die Masch-Straßen ist seit Ende Juni nur durch die Goethe-Allee möglich. Die Masch-Straßen selbst wurden im Zuge der Sperrung außerdem zu Einbahnstraßen. Dieses Modell ist Teil des Sanierungsprojektes in der nördlichen Innenstadt. Nun wurden am 20. Februar die Erfolge dieses Versuches von der Stadt Göttingen offiziell präsentiert. Über den größten Erfolg dieses Projekts sagt Baudezernent der Stadt Göttingen, Fritjhof Look, folgendes:

 

O-Ton 1, Fritjhof Look, 17 Sekunden

Das zentrale Ergebnis ist, dass wir eine Verkehrsverlagerung haben, aber unheimlich viel mehr Lebensqualität für die Anwohner*innen der oberen und unteren Masch-Straße erreicht haben. Und diese Verkehrsverlagerung ist überhaupt nicht dramatisch, sondern die vorhandenen Verkehre und Straßen können es gut abbilden.“

 

Text

Die Zunahme der Lebensqualität wurde bei den erhobenen Gutachten genauer betrachtet. Der Verkehr in den Masch-Straßen hat sich um mehr als die Hälfte reduziert, während sich die Mehrbelastung in anderen Straßen laut Gutachter Heinz Mazur nur geringfügig um 10 bis 15 Prozent erhöht hat. Doch nicht nur in Zahlen ließ sich die gesteigerte Zufriedenheit messen. Bei Befragungen hat die Stadt vor Ort ein positives Feedback erhalten, rund 70 Prozent empfanden die Sperrung als Verbesserung. Besonders haben Anwohner*innen hier die geringere Lärmbelästigung und Entspannung im Wohngebiet festgestellt. Doch auch Unmut hat sich vereinzelt aufgetan. Insbesondere für gewerbliche Fahrten sorgt die Sperrung, so scheint es, für Diskussionen. Bei der Verkündung der Ergebnisse am 20. Februar haben sich so auch manche Kritiker*innen zwischen den zahlreichen Befürworter*innen gefunden. Doch hier wurde darauf verwiesen, dass Autofahrer*innen durch andere Wege die Sperrung großzügig umfahren können. Zudem überwiegen hier wohl die Allgemeininteressen der Anwohner*innen über den partikulären Interessen Einzelner. Doch wie kam es zu diesem Modell der Straßensperrung? Über die Einzelheiten der Entstehung führt Look detailliert aus:

 

O-Ton 2, Fritjhof Look, 15 Sekunden

Das Feedback, auch der Wunsch aus der Bevölkerung und den Anwohnern, dass man sich über eine Verkehrsberuhigung dort Gedanken macht. Das haben wir gemacht, begleitet durch den Verkehrsbesuch und das Ergebnis spricht eben dafür, dass wir mehr Lebensqualität in den beiden Straßen hinbekommen.“

 

Text

Die Bürger*innenbeteiligung scheint bei diesem Projekt geglückt und die Stadt wird von den Anwohner*innen selbst mitgestaltet. Denn dieses Modell der Straßenperrung wurde gemeinsam am sogenannten runden Tisch der Masch-Straßen entwickelt. Hier stehen Verantwortliche von der Stadt mit Anwohner*innen in regelmäßigem Austausch. Der Platz der Synagoge und die Kreuzung an den beiden Masch-Straßen liegt im „Sanierungsgebiet nördliche Innenstadt“ und ist Teil des Bund-Länder Förderungsprogramms „sozialer Zusammenhalt“. Ziel dieser Programme ist es, der Bürger*innenbeteiligung einen höheren Stellenwert zuzuschreiben und den Anwohner*innen die Möglichkeit zu geben, selbst am Planungsprozess teilzunehmen. So mag durch das Projekt vielleicht auch der Eindruck entstehen, dass Göttingen stetig unattraktiver für den Autoverkehr werde und der Verkehr durch die vielen Einbahnstraßen stetig komplizierter sei. Doch dem werden viele Anwohner*innen wohl gegenargumentieren, dass die Stadt den Menschen gehöre, nicht den Autos. Daher empfiehlt die Göttinger Stadtverwaltung, die Sperrung langfristig durchzusetzen und das komplette Gelände um den Platz der Synagoge baulich zu verändern. Bis die Kommunalpolitik über dieses Konzept entschieden hat, bleibt die Sperrung bestehen. Und, so scheint es, wird sie wohl nicht mehr aufgehoben.