Sendung: Mittendrin Redaktion
AutorIn: Paula Baierlein
Datum:
Dauer: 05:28 Minuten bisher gehört: 303
Klimaschutz ist eine der größten Aufgaben, mit denen sich die Menschheit in den nächsten Jahren konfrontiert sehen wird. Was falsch läuft wissen wir. Eine wissenschaftliche Studie jagt die nächste, die aufzeigt, was uns in Zukunft Probleme machen wird. In Göttingen haben sich drei Studentinnen nun an einer Problemlösung versucht. Zwar nicht für die ganze Welt, aber dafür im kleinen Stil – erst einmal - für die Universität Göttingen. Ihr Projekt, die „GrÜniversity“, haben sie sogar auf der UN-Hauptversammlung in New York vorgestellt. Paula Baierlein hat sich mit den Studentinnen an der Uni getroffen.

Manuskript

Text

Wer auf dem Platz der Göttinger Sieben steht, dem zentralen Platz der Universität Göttingen, sieht vor allem eines: Pflastersteine. Der rechteckige Platz, der ungefähr so breit ist wie ein Fußballfeld, wirkt nicht gerade wie eine Grüne Oase. Lediglich am Rand stehen mehrere Bänke und ein paar Platanen, die den Studierenden beim Nachmittagskaffee Schatten spenden. Zwischen den Bänken hält sich wacker ein bisschen Wiese. Ansonsten, wie gesagt, Pflastersteine und eine Tribüne, die ausschaut wie der Eingang zu einer U-Bahnstation.

 

O-Ton 1, Vivien Zöllner, 19 Sekunden

Also grundsätzlich ist der G7 erst mal ein sehr großer baumfreier, betonierter Platz. Und das wird auch einfach im Hinblick auf den Klimawandel immer schwieriger, solche Plätze überhaupt erhalten zu können, und die dann auch noch lebenswert zu erhalten.“

 

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Das war Vivien Zöllner. Sie hat sich in den letzten Monaten intensiv mit dem Platz der Göttinger Sieben auseinandergesetzt. Zusammen mit Sophie Schaible und Helen Rasche hat sie einen Projektvorschlag entwickelt, die GrÜniversity. Das Projekt soll Universitäten grüner, lebenswerter, artenreicher und inklusiver machen. Die „Grüniversity“ entwickelten sie, um an einem Wettbewerb teilzunehmen. Ein Wettbewerb, ausgeschrieben von den Vereinten Nationen, mit Preisverleihung in New York. Sophie Schaible erzählt, worauf es ihrer Meinung nach bei einer Neugestaltung des Platz der Göttinger Sieben ankommt:

 

O-Ton 2, Sophie Schaible, 21 Sekunden

Da gehört wahrscheinlich ganz viel dazu, aber jetzt mein erster Gedanke wäre, zunächst mal, dass wir ja vor allem Studierende auch mit einbeziehen wollen in die Gestaltung. Und ich glaube, das ist auch ganz entscheidend, dass eben nicht einfach irgendwo in einem Büro jemand sitzt und sich denkt, oh ja, da könnten wir mal was tun. Und später schauen sich das alle an und fragen sich: Warum? Warum so? Wir hätten doch auch Ideen gehabt.“

 

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Diese Beteiligung, von der Schaible hier spricht, wollen die Studentinnen in ihrem Projekt durch eine interaktive Website ermöglichen. Auf dieser können Orte eingetragen werden, die grüner, nachhaltiger, artenreicher werden sollen. Es können auch konkrete Vorschläge gemacht werden. Die Ideen werden dann geprüft und die vielversprechendsten - so der Plan -  im Anschluss umgesetzt. Die Website zu bauen ist verhältnismäßig günstig. Kostenpunkt laut Zöllner: ungefähr 1.000 bis 3.000 Euro. Während der Entwicklungsphase des Projektes wurden Zöllner, Schaible und Rasche von einer Mitarbeiterin von Siemens Gamesa gecoacht. So sah es der Wettbewerb vor. Siemens Gamesa war Sponsor - sowohl ideell als auch monetär. Das Gewinnerteam erhielt 10.000 Euro für die Umsetzung seines Projektes. Das Team aus Göttingen gewann am Ende in New York nicht. Trotzdem besteht wohl die Möglichkeit, dass die „GrÜniversity“ am Ende umgesetzt wird, berichtet Vivien Zöllner:

 

O-Ton 3, Vivien Zöllner, 45 Sekunden

Wir waren mit Marco Lange, dem Leiter der Screen Office, sehr viel im Kontakt, auch weil er uns das Projekt vermittelt hat oder uns angesprochen hat, ob wir nicht ein Projekt einreichen möchten dafür. Und er hat auch direkt, nachdem das Finale dann gelaufen ist, uns geschrieben und gesagt, auch wenn wir nicht gewonnen haben, würde er sehr gerne unsere Idee in Göttingen umsetzen an der Universität. Und dafür werden wir uns im Oktober oder im November mit dem Green Office, mit der Stadt, mit dem Grünflächenmanagement und auch noch mit anderen Studierenden, die ebenfalls ähnliche Ideen hatten, zusammensetzen und schauen, was ist möglich an Umsetzungsmöglichkeiten, inwiefern kann unsere Idee auch genau so umgesetzt werden. Und ja, da sehe ich eigentlich relativ positiv in die Zukunft.“

 

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Es bleibt also abzuwarten, was bei dem Gespräch zwischen Uni, Stadt, Grünflächenmanagement und Schaible, Zöllner und Rasche heraus kommt. Am Ende ist es ja das, worauf es ankommt und, woran Klimaschutz in Deutschland oft scheitert. Projektideen gibt es viele, finanzieren wollen sie nur wenige. Die Folge: Viele gute Ideen verstauben in Schreibtischschubladen. Das ist es auch, was Sophie Schaible am Ende des Interviews kritisiert.

 

O-Ton 4, Sophie Schaible, 18 Sekunden

Also, ich würde sagen, was uns der Wettbewerb vielleicht schon gezeigt hat, ist einerseits, dass da viel Energie auch schon reingesteckt wird und viel versucht wird und viel Ideen gesucht werden, aber eben auch, wie schwierig es ist, da tatsächlich von Ideen zur Umsetzung zu kommen.“

 

Text

Die Preisverleihung in New York auf der Vollversammlung der Vereinten Nationen fand am Ende für Zöllner, Schaible und Rasche übrigens online statt. Sie schauten einen YouTube-Stream. Das Video, mit dem sie ihre Idee präsentierten, schaffte es aber ins Finale. Es ist also davon auszugehen, dass die Pflastersteine auf dem Platz der Göttinger Sieben nun auch in den Kreisen der Vereinten Nationen - zumindest flüchtig - bekannt sind. Die waren in dem Video nämlich auch zu sehen.