Sendung: Mittendrin Redaktion
AutorIn: Lena Fricke
Datum:
Dauer: 04:10 Minuten bisher gehört: 375
Früher galten sie als spießig und waren der Inbegriff eines Rentnerparadieses. Da sich die Jugend nicht für die Gärtnerei interessierte, wurden die kleinen Gärten von älteren Menschen bevölkert. Heute sind immer mehr junge Menschen und Familien auf den Geschmack gekommen, ihr eigenes Gemüse anzubauen und für Kinder ist es eine Möglichkeit, sich in der Natur auszutoben. Die kleinen Parzellen sind zu einem richtigen Trendobjekt geworden. Deutschlandweit gärtnern circa fünf Millionen Deutsche in rund 900.000 Gärten. Doch wie ist die aktuelle Lage auf dem Kleingarten-Markt und gibt es überhaupt noch freie Gärten in der Region? Wie hat sich die Corona-Krise auf die Vereine ausgewirkt? Antworten dazu hat Lena Fricke. Sie hat sich mit einigen Kleingarten-Vorsitzenden getroffen.
Dieser Beitrag wird Ihnen präsentiert von: Thomas Hoffmann Immobilien Göttingen

Manuskript

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Ursprünglich entstanden die Kleingärten, auch Schrebergärten genannt, zu Zeiten der Industrialisierung aus den sozialen Missständen heraus. In den Städten lebten die Menschen beengt und litten unter Mangelernährung. Die Gärten boten Freiraum und die Möglichkeit zur Selbstversorgung. Der Name Schreber stammt von dem Arzt Daniel Gottlob Moritz Schreber, Begründer der ersten, gemeinsam genutzten Gartenfläche. Aus seiner ursprünglich für Kinder gedachten Spielwiese, entstand nach dessen Tod die erste Gartenkolonie. In Andenken an Schreber wurde diese nach ihm benannt. In der Region Göttingen/Northeim gibt es insgesamt 25 Kleingartenvereine, alleine 20 davon befinden sich in unmittelbarer Nähe zur Göttinger Innenstadt. Zur Anfrage, ob es denn zurzeit freie Gärten gäbe, antwortete die erste Vorsitzende des Kleingartenvereins am Kiessee, Angelika Stroka:

 

O-Ton 1, Angelika Stroka, 9 Sekunden

Nein, abgesehen von Corona ist das ohnehin ein großes Problem, weil in den letzten Jahren die Nachfrage immer höher ist als der Bestand.“

 

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Und auch bei Heike Schmidt, erste Vorsitzende im Kleingartenverein am Rothenberg, ist zurzeit nichts frei. Trotz einer Koloniegröße von 112 Gärten ist es schwer, an eine der Parzellen zu kommen. Besonders Familien haben großes Interesse an den Gärten vermelden lassen. Doch bis da einer frei wird kann viel Zeit vergehen. Während Schmidt mit einer Warteliste von zehn Plätzen arbeitet, sind die Anfragen beim Kiessee laut Stroka nicht mehr zu handhaben.

 

O-Ton 2, Angelika Stroka, 22 Sekunden

In der Regel haben wir um die 15, 20 Anfragen im Jahr. Und seit Corona, also seit dem Lockdown, hatte ich zu Beginn in der Woche 50 bis 80 Anfragen. Entweder per E-mail oder telefonisch. Was man natürlich überhaupt nicht mehr bedienen kann. Da kann man auch keine Warteliste mehr machen, das kann man niemals abarbeiten.“

 

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Und das bei einer Kolonie mit nur 66 Gärten. „Wenn einer einen Garten hat, gibt er den auch so schnell nicht her“ so Stroka. In normalen Jahren würden höchstens drei Gärten frei werden. Schmidt hingegen berichtet von einigen Gärten die abgegeben wurden. Das habe aber nichts mit der Pandemie zu tun, sondern liege an Umzügen oder altersbedingter Aufgabe. Wenn Gärten frei werden, dann liege es zurzeit nicht an Corona.

 

O-Ton 3, Heike Schmidt, 18 Sekunden
Aber jetzt nicht aufgrund der Pandemie, sondern aufgrund irgendwelcher Umzugs- oder Altersgründen. Wir haben eine hohe Altersstruktur, da sind es jetzt die Älteren, sag ich mal, die jetzt aufgeben, aufgrund dass die Kräfte es nicht mehr hergeben. Das ist der überwiegende Teil.“

 

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Schmidt bevorzugt bei ihrer Vermittlung daher Familien mit Kindern. Stroka hingegen berichtet, dass sich bei ihr in letzter Zeit viele Familien gemeldet haben. Diese waren auf der Suche nach einem Platz an der frischen Luft für die ganze Familie. Doch ein Garten ist nicht nur Sonne und Wiese. Dieser Verantwortungen müssten sich die Leute bewusst sein.

 

O-Ton 4, Angelika Stroka, 20 Sekunden

Schwierig wirklich jemanden zu finden der langfristig den Garten behalten will. Das war immer nur der Wunsch: Ich brauch einen Platz für meine Kinder zum Spielen oder für uns auch zum Aufenthalt im Freien. Wenn das aber vorbei ist, was passiert dann mit den Gärten? Das ist bei mir immer so der Zwiespalt gewesen, wem gebe ich denn jetzt, wenn ich denn einen hätte, einen Garten?“

 

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Ausschlaggebend sind auch die Kosten, die bei einem Kleingarten anfallen. Ein genereller Preis lasse sich nicht festlegen, so Schmidt. Von 500 bis 1.800 Euro für den einmaligen Abschlag von Pflanzen und Hütte sei alles möglich. Dazu kommen dann noch die jährlichen Kosten von Miete, Strom wenn vorhanden, Wasser und Versicherung.

 

O-Ton 5, Heike Schmidt, 18 Sekunden

Ja, das kommt natürlich darauf an, wie der vorherige Garten, der aufgegeben wurde, gepflegt. Je besser der gepflegt ist, natürlich kostet der auch mehr. Unser Verein gehört zum Bezirksverband, und von dort aus werden die Gärten auch ermittelt, was das kosten würde.“

 

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Der Pachtpreis von 28 Cent pro Quadratmeter wird von der Stadt vorgegeben und ist somit in allen Vereinen gleich. Dann hängt es von der Größe des Gartens ab. Im Durchschnitt liegt der jährliche Preis alleine für die Gartenfläche bei rund 130 Euro. Somit ist ein Kleingarten viel leichter zu finanzieren als ein Haus mit Garten. Gerade in Städten, wo der Platz an großen Grundstücken fehlt, ist ein Schrebergarten die perfekte Alternative für alle Naturliebhaber. Außerhalb Göttingens ist das Problem übrigens das gleiche: Der Kleingartenverein Ostland in Einbeck teilt auf seiner Website mit, dass es keine freien Gärten gebe.