Sendung: Mittendrin Redaktion
AutorIn: Redaktion
Datum:
Dauer: 03:40 Minuten bisher gehört: 243
Wer gemütlich in der Göttinger Innenstadt bummeln will, muss sich in den Seitenstraßen mit Auto- und Busverkehr auseinander setzen. Da kommen sich zahlreiche Verkehrsteilnehmer in die Quere und vielen vergeht dabei die Lust auf einen Innenstadtbesuch, wenn das Online-Angebot doch eh viel verlockender scheint. Göttingen steht damit gleichzeitig vor zwei Herausforderungen: In der Innenstadt soll eine bessere Mobilität mit weniger Autoverkehr geschaffen werden und gleichzeitig soll die Attraktivität der des Stadtkerns steigen. Die Podiumsdiskussion der Grünen „Wege zur autofreien Innenstadt“ hat sich mit diesen Zielen beschäftigt und diente dem Austausch zwischen der Stadt und den Bürgern. Gemeinsam wurden dort Ideen gesammelt. Ann-Sophie Aue war mit dabei.

Manuskript

Text

Die niederländische Stadt Groningen dient als Vorbild für Göttingen. Dort findet man in der Innenstadt nirgends Autos, dafür viele Fahrradfahrer und Fußgänger. Die Lebensqualität der Menschen ist seither gestiegen und der Handel boomt. Viel mehr Menschen zieht es in das Zentrum, denn durch den autofreien Raum sinkt der Lärm, die Luftqualität bessert sich und Ruhe und Entspannung machen sich breit. Die Göttinger Bürger sind von diesem Vorbild begeistert, denn aktuell wird die Innenstadt nicht mit einem Ort zum Wohlfühlen verbunden, so der Anwohner Ralph Mederake.

 

O-Ton 1, Ralph Mederake, 29 Sekunden

Im Moment finde ich, dass durch diesen Parksuchverkehr in den Seitenstraßen, durch viele Autos, die verbotenerweise den Busring benutzen, für ganz viele Menschen, die auch mit dem Auto unbedingt bis vor das Geschäft fahren wollen, ist wirklich die Aufenthaltsqualität und das ganze Erleben der Innenstadt sehr stark in Frage gestellt und ich sehe es auch als ein Beispiel für weitere autofreie Bereiche innerhalb der Stadt.“

 

Text

Die weiteren autofreien Bereiche sollen durch die Aufstellung neuer Poller realisiert werden. Eine ganz autofreie Innenstadt sei jedoch eine Utopie. Die Geschäfte müssen weiterhin beliefert werden. Als Alternative könnte jedoch eine Sammelstelle entstehen, von der die neue Ware per Lastenrad ausgeliefert wird. Zudem müssten mehr Parkplätze für Fahrräder und Fahrradstraßen entstehen, um die Göttinger auf das Rad zu bekommen. Die vorhandenen Parkhäuser könnten dafür Anwohner für den privaten Gebrauch nutzen.Viele Fragen sind noch offen. Der Bundestagsabgeordnete für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, Stefan Gelbhaar, gibt einen Einblick, was zu tun ist:

 

O-Ton 2, Stefan Gelbhaar, 23 Sekunden

Der politische Schritt ist der erste und auch der wichtigste. Die Stadt muss sich darüber verständigen, dass sie das wollen und dann muss man die Fußgängerzonen entsprechend ausweisen. Gerade dadurch dass es ja eine historische Altstadt ist, ist das auch relativ gut zu begründen. Gleichwohl muss man sich natürlich überlegen, wie man die ganzen Versorgungsfragen löst, also wie kommt das Müllfahrzeug durch? Wie kriegt man alle Menschen weiterhin mobil? All so was muss mitbedacht werden und dann kann man diesen Schritt gehen.“

 

Text

Der ÖPNV überdenkt derweil schon die Tarife, um kostengünstigere Angebote machen zu können und mehr Menschen für den Bus zu sensibilisieren. Auch die Fahrpläne benötigen Veränderungen, denn gute Anbindungen des Umfeldes sollen gewährleistet werden. Neben den Rahmenbedingungen, die geschaffen werden müssen, geht es auch um die Gestaltung der Innenstadt. Die Göttinger verweilen am liebsten in der Weender Straße. Dort sind weder Autos noch Fahrräder erlaubt und die Fußgänger haben viel Raum für sich, zum Schlendern und Unterhalten. Göttingens Bürgermeister Ulrich Holefleisch fordert mehr solcher Straßen.

 

O-Ton 3, Ulrich Holefleisch, 32 Sekunden

Warum sollten wir nicht den Seitenstraßen auch zum selben Privileg verhelfen, dass sie auch weniger Autoverkehr haben als jetzt und dadurch attraktiver werden. Denn wir haben zunehmende Konkurrenz durch die Online-Handel und nur dann, wenn wir die Innenstadt zu einem Erlebnisbereich machen, in dem es Spaß macht, zu flanieren, zu spielen, zu kommunizieren, Kultur zu betreiben und auch einzukaufen, nur dann werden wir auch für den Handel etwas tun können – gerade bei den kleinen Geschäften, die inhabergeführt sind in den Seitenstraßen, denn die machen eigentlich das Gesicht der Innenstadt aus.“

 

Text

Alle Ideen der Bürger werden nun von der Verwaltung ausgewertet und realisiert. Der erste Schritt in Richtung einer Innenstadt zum Wohlfühlen und Verweilen ist jedenfalls gegangen.