Sendung: Mittendrin Redaktion
AutorIn: Konni Fehse
Datum:
Dauer: 05:26 Minuten bisher gehört: 378
Vergangene Woche fand im Bürgerhaus Bovenden die Auftaktveranstaltung „Inklusive Kita für Alle“ statt, die vom Landkreis Göttingen initiiert wurde. Dabei soll drei Kitas mit wissenschaftlicher Unterstützung und mehr Mitteln dazu verholfen werden, inklusiver zu sein. Konni Fehse mit einem Beitrag zum Projekt.

Manuskript

Text

An drei Göttinger Kitas startet aktuell das Modellprojekt „Inklusive Kita für Alle“. Es wird vom Fachdienst Frühe Hilfe und Prävention des Landkreises Göttingen organisiert. Inklusion heißt, dass alle Menschen so akzeptiert werden, wie sie sind und an der Gesellschaft teilhaben können. Vielfalt wird also akzeptiert und es werden keine Menschen ausgegrenzt. Das Ziel des Projektes "Inklusive Kita für Alle" ist es, nun die Inklusivität von den drei teilnehmenden Kindertagesstätten zu fördern. Die Kitas erhalten dafür mehr Personal, Material und zusätzliche Fortbildungen. Außerdem wird das Projekt wissenschaftlich begleitet. Die geplanten Kosten für das Projekt liegen über die Gesamtlaufzeit von vier Jahren bei circa 1,8 Millionen Euro. Genaueres zu den Maßnahmen erzählt die Fachbereichsleiterin Jugend des Landkreises Göttingen, Angela Schmiel-Richter:

 

O-Ton 1, Angela Schmiel-Richter, 30 Sekunden

Es geht darum einmal gut zu gucken, was in den jeweiligen Kitas, die sich jetzt beworben haben schon da ist, wo die stehen und dann situativ ansetzen zu können und sie im Alltag, in ihren Alltagen im Umgang mit den Kindern genauso zu begleiten, wie konzeptionell zu begleiten. Also das Ganze soll nicht eine Kopfgeburt sein, wissenschaftliche Begleitung hört sich jetzt vielleicht sperrig an, aber diese wissenschaftliche Begleitung ist darauf ausgerichtet, dass sie die Kitas bei den Hindernissen, die sie noch sehen in der Umsetzung begleiten.“

 

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Begleitet wird das Projekt von einer Gruppe Wissenschaftler*innen des Instituts für Sonderpädagogik (kurz IfS) der Leibniz-Universität-Hannover. Die Wissenschaftler*innen organisieren die Fortbildungen, die Inhalte vermitteln und individuell auf die einzelnen Kitas abgestimmt sind. Im Rahmen einer Prozessbegleitung gibt es darüber hinaus noch Coaching- und Beratungsangebote für die Mitarbeitenden, um diese in ihrem Alltag zu unterstützen und gemeinsam den Prozess zu überprüfen. Außerdem wird das Ganze wissenschaftlich reflektiert und ausgewertet, um die Entwicklungen einordnen zu können. Die Wissenschaftler*innen selbst sehen dem Projekt optimistisch und freudvoll entgegen. Eine Einschätzung gibt die wissenschaftliche Mitarbeiterin am IfS, Lisa Disep:

 

O-Ton 2, Lisa Disep, 20 Sekunden

Das ist einfach ne Maßnahme vom Landkreis die unheimlich bereichernd für die Praxis ist, weil Kita hat nachweislich eine Kompensationsfunktion, das heißt, es können in Kitas Bildungsbenachteiligungen ausgeglichen werden, aber das geht halt nur durch pädagogisch hochwertige Arbeit und eine inklusive Praxis öffnet da einfach Türen und Chancen für alle Kinder.“

 

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Türen und Chancen für alle Kinder. Das klingt nicht nur gut, sondern ist auch rechtlich so festgelegt. Laut dem Fachdienstleiter für frühe Hilfen und Prävention Michael Trunk halten die UN-Kinderrechtskonvention und die UN-Behindertenrechtskonvention die Notwendigkeit von Inklusion fest. Auch im Kinder- und Jugendstärkungsgesetz auf Bundesebene ist Inklusion ein Leitgedanke der Kinder- und Jugendhilfe. In der Sozialstrategie des Landkreises ist ebenfalls festgehalten, dass Einrichtungen möglichst inklusiv gestaltet werden sollen. Darüber hinaus erhält das Projekt auch politische Unterstützung auf Landkreisebene. Das liegt unter anderem am Kostenaspekt: Investitionen in frühe Hilfe spart laut Landrat Marcel Riethig später viel Geld. Hier sei aber wichtig, dass dieses auch richtig eingesetzt werde. Dazu Riethig:

 

O-Ton 3, Marcel Riethig, 27 Sekunden

Die Kitas sind häufig auf sich allein gestellt oder auf die Möglichkeiten ihres Trägers, dort müssen sie sich dann mit ihren Problemen alleine kümmern. Wir haben ein integratives System, dass das Land geregelt hat in Niedersachsen, das sieht im wesentlichen so aus, dass die Unterstützung nicht für die Einrichtung geleistet wird sondern für das Kind, bezogen auf das Kind und wir sind der festen Überzeugung wir müssen die Einrichtung stärken, damit sie den Kindern gerecht werden können. Nicht die Kinder sind das Problem, sondern die Rahmenbedingungen in den Einrichtungen, die wollen wir verbessern.“

 

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Die Rahmenbedingungen sollen nun erst mal in drei Einrichtungen verbessert werden. Diese sind die evangelische Kita St. Aegidius in Hann. Münden, die städtische Kita Röddenberg aus Osterode und die Kita Jühnde vom Deutschen Roten Kreuz. Um an dem Projekt teilzunehmen, mussten die Kita selbst und der Träger ein Motivationsschreiben an den Landkreis schicken. Dass die Beteiligten motiviert sind, wurde aber auch bei der Auftaktveranstaltung klar. Zu den Erwartungen der Kitas die Leitungen Jessica Sonnenburg aus Osterode, Kathrin Berg aus Hann. Münden und Jennifer Hund aus Jühnde:

 

O-Ton 4, Kita-Leitungen, 50 Sekunden

(Sonnenburg) „Also wir sind ja ne neue Einrichtung und wir haben noch nicht komplett unseren Weg gefunden und ich denke mal dieses Projekt ‚Inklusive Kita für alle‘ wird uns einen Weg aufzeigen oder wir werden uns daraus unseren Weg ebnen können und dann auch in vier Jahren unseren Weg gefunden haben.“

(Berg) „Genau, also wir erwarten eigentlich, dass wir die passenden Rahmenbedingungen bekommen. Genau, sämtliche Ressourcen zur Verfügung gestellt, damit wir jedes Kind aufnehmen können und keine Kinder abweisen müssen, weil sie irgendeine Beeinträchtigung haben.“

(Hund) „Wir erwarten, dass wir einen Weg finden, wie wir nach außen transparent zeigen können, was bedeutet Inklusion und dass wir in vier Jahren noch viel mehr Kindertagesstätten anstecken können, begeistern können, die Politik begeistern können, dass es dann keine Regelkitas mehr gibt, sondern nur noch inklusive Kitas.“

 

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Also inklusive Kitas für alle – am besten überall. Ob das so realistisch ist, muss sich noch zeigen. Im Landkreis gibt es um die 140 Kitas und vier Jahre sind keine Ewigkeit. Trotzdem betonen Marcel Riethig und Michael Trunk die langfristige Perspektive des Projekts und den Wunsch nach Nachhaltigkeit. Trunk sagt außerdem, dass das Konzept der inklusiven Kitas soweit es möglich ist, dann auf den ganzen Landkreis ausgeweitet werden solle. Wie das umgesetzt wird, sei hier aber noch nicht klar. Dazu merkt Angela Schmiel-Richter an, dass Inklusion dort anfange, wo die Pädagog*innen es als Haltung übernehmen würden.