Sendung: Mittendrin Redaktion
AutorIn: Regina Seibel
Datum:
Dauer: 04:08 Minuten bisher gehört: 331
Der Wohnungsmarkt in Göttingen ist überlastet. Das beweisen unter anderem die zahlreichen Studierenden, die zu Semesterbeginn weder ein eigenes Appartement noch ein freies WG-Zimmer gefunden haben. Hohe Mieten sind ein weiteres Problem der Stadt. Doch nicht nur Wohnungssuchende haben unter dieser schwierigen Situation zu leiden. Große Wohnungskonzerne versuchen weiterhin aus bestehenden Wohnungen maximalen Profit zu ziehen, Bestandsmieter fürchten sich vor ständigen Mieterhöhungen. Das MieterInnen Forum in Göttingen hat es sich zur Aufgabe gemacht, diesen Mietern zu helfen. Näheres dazu erfahren Sie von Regina Seibel.

Teilnehmer der Diskussion Ist den Mietern noch zu helfen (Bild: Regina Seibel)

Manuskript

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Das MieterInnen Forum Göttingen besteht seit einem halben Jahr. Anlass der Gründung war die Sorge einer Vielzahl von Mietern, die den ständigen Mieterhöhungen der Wohnkonzerne ausgesetzt sind. Begründet werden die steigenden Mieten mit teuren Modernisierungen, die die Bewohner finanziell tragen müssen. Oft seien diese Modernisierungen jedoch aus Sicht der Mieter gar nicht nötig: zum Beispiel die Installation von Heizkörpern im Treppenhaus. Dringend nötige Sanierungen würden hingegen häufig nicht durchgeführt, da diese kein Anlass für Mieterhöhungen seien. Im Mittelpunkt der Debatte steht dabei insbesondere das Wohnungsunternehmen Vonovia. Unter dem Motto „Ist den Mietern noch zu helfen?“ veranstaltete das MieterInnen Forum gemeinsam mit dem Verein Förderer am 18. April eine Diskussion mit verärgerten Mietern und Vertretern der Politik. Elke Niemeyer-Friebe, Mitglied des Forums, berichtet über den Zweck der Veranstaltungen:

 

O-Ton 1, Elke Niemeyer-Friebe, 18 Sekunden

"Der Anlass für diese Veranstaltung war einfach die Tatsache, dass wir sofort Hilfe brauchen für die Menschen, die eine Wohnung haben. Die furchtbare Angst haben, dass sie immer teurer wird und nicht mehr bezahlbar ist. Und wir wissen natürlich auch, dass wir einmal auch wirklich alle Strategien, die möglich sind, unter die Lupe nehmen und uns dafür einsetzen."


 

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Eingeleitet wurde die Diskussion durch einen kurzen Vortrag von Lukas Drögemeier, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Soziologie der Universität Göttingen. Er berichtete, dass vor allem in Städten und bei Menschen mit geringem Einkommen die Wohnungsnot groß ist. Städte wie Berlin und München oder auch das Ruhrgebiet seien besonders betroffen. Doch auch in Göttingen müssten helfende Strategien her, wie Drögemeier erzählt:

 

O-Ton 2, Lukas Drögemeier, 16 Sekunden

"Die Wohnsituation in Göttingen ist angespannt. Das Problem ist, dass Bauen allein das Problem nicht löst. Sie müssen also kreativ werden, gucken wie wir primär nicht profitmaximierende und profitorientierte Unternehmen dazu bekommen, dass sie sich in Göttingen wohlfühlen."

 

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Drögemeier schlug städtische Entwicklungsgebiete als Lösung vor. Auch weitere Marktregulierungsmaßnahmen wie beispielsweise Wohngeld wären möglich. Ein Milieuschutz in bestimmten Gebieten Göttingens wurde ebenfalls vielfach erwähnt. So eine Verordnung könnte teure Modernisierungen verhindern und hätte zum Ziel, die Nachbarschaft zu erhalten. Die Mieter versuchten bereits sich zu wehren, so klagten sie gegen die Vonovia und schrieben zahlreiche Beschwerdebriefe. Doch diese blieben oft unbeantwortet. Die Mieter seien mit den Kräften am Ende und fühlten sich allein gelassen. Aus der Politik waren bei der Veranstaltung Sylvia Binkenstein, Finanzbeauftragte der SPD, und Francisco Welter-Schultes, Ratsmitglied der PIRATEN, anwesend. Uwe Friebe, Projektleiter des Vereins Förderer, ist enttäuscht, dass die restlichen Parteien nicht vertreten waren:

 

O-Ton 3, Uwe Friebe, 26 Sekunden

"Es gibt eine parteipolitische Auseinandersetzung, die hat man bemerkt, zwischen Linken und SPD. Was ich schade finde, weil eigentlich zusammen würden wir deutlich mehr erreichen. Ich finde es deutlich unangenehmer, dass weder CDU, FDP, Grüne noch irgendjemand hier waren, obwohl sie alle den Termin kannten. Und es wäre schon schön gewesen, wenn man das in größerer Runde, auch mit allen Fraktionen hätte diskutieren können. Parteipolitik sollte man zehn Zentimeter hinten anstellen, man soll darüber nachdenken, wie man dem Mieter helfen kann."

 

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Binkenstein von der SPD riet den Mietern, hartnäckig zu bleiben und gemeinsam gegen die Wohnungsunternehmen zu klagen. Die Kommunalpolitik könne da vorerst wenig tun. Für ein abschließendes Statement war sie nicht bereit. Welter-Schultes von den PIRATEN hielt es ähnlich wie Robert Habeck, Enteignungen von Wohnkonzernen seien für ihn eine Möglichkeit. Außerdem könnte mit Bausatzungen gearbeitet werden, sodass Häuser nicht abgerissen werden dürften. Konkrete Lösungsvorschläge ergaben sich aber aus der Diskussion nicht. Es wurde jedoch deutlich, dass es keine einfache allgemeine Lösung für diese Wohnungsprobleme gibt.