Sendung: Mittendrin Redaktion
AutorIn: Jennifer Bullert
Datum:
Dauer: 04:36 Minuten bisher gehört: 201
Rund 50 Personen haben sich am vergangenen Freitag in der Funsporthalle des SC Hainberg versammelt. Dabei ging es aber weniger um Sport als um die Flüchtlingsunterkunft auf den Zietenterrassen. Diese könnte nun länger als geplant betrieben werden. Im Gespräch sind bis zu weitere fünf Jahre. Was dahinter steckt, berichtet Jennifer Bullert.
Dieser Beitrag wird Ihnen präsentiert von: Das Backhaus

Manuskript

O-Ton 1, Petra Broistedt, 34 Sekunden

Was man ja sehen muss ist, dass wir dort eine exzellent funktionierende Einrichtung haben. Das fängt an mit den räumlichen Gegebenheiten. Wir haben dort 30 abgeschlossene Wohnungen, Dreizimmer-Wohnungen, jeweils mit Küche und sanitären Anlagen. Und Sie werden sich vielleicht wundern, wenn ich das so sage: Aber das ist nicht Standard bei der Flüchtlingsunterbringung. Wir haben ein supertolles Außengelände, wir haben eine offene Sporthalle mit am Gelände mit dabei, wo Geflüchtete Sport machen können. Es ist ein Träger da, der sehr erfahren ist, der die Einrichtung betreibt, der die Geflüchteten betreut.“

 

Text

Stadträtin und Sozialdezernentin Petra Broistedt zeigt sich begeistert von der Flüchtlingsunterkunft auf den Zietenterrassen. Viele Ehrenamtliche, ein seit vier Jahren bestehender Runder Tisch und das Sportangebot vom ASC Göttingen sowie vom SC Hainberg würden die Integration unterstützen. Quasi traumhafte Bedingungen, die nun ausschlaggebend für eine geplante Verlängerung der Flüchtlingsunterkunft seien. Wie Broistedt berichtet, sei die Zustimmung zu dem Vorhaben groß – zumal die Geflüchteten auf dem hart umkämpften Göttinger Wohnungsmarkt sowieso die geringsten Chancen hätten. Zwar haben seit 2015 280 Geflüchtete, die auf den Zietenterrassen untergebracht waren, eine eigene Wohnung gefunden, aber die freigewordenen Wohnungen in der Unterkunft werden im Anschluss mit weiteren zugewiesenen Geflüchteten belegt. Derzeit müsse Göttingen noch 369 aufnehmen – ein Umstand, der für die Fortführung des Betriebs auf den Zietenterrassen spreche. Deren Leiterin, Bettina Briesemeister von der Bonveno Göttingen gGmbH, zeigte sich erfreut über das Lob der Stadträtin.

 

O-Ton 2, Bettina Briesemeister, 28 Sekunden

Ich habe mich gefreut, dass die Einrichtung gut angesehen ist und nicht zu vielen Problemen führt. Das habe ich ja nun über die Jahre auch gesehen, dass wir sehr wenig Polizei hier oben hatten, wenig Polizeieinsätze, und auch sonst nicht viele Beschwerden von den Nachbarn. Ich ermuntere immer wieder und möchte das auch gerne, dass die Nachbarn, also die umliegenden Anwohner, mich informieren, wenn sie irgendetwas stört, wenn ihnen irgendetwas aufgefallen ist. Und ich hoffe, das tun sie dann auch, denn nur so können wir was ändern.“

 

Text

Als Träger der Einrichtung unterstützt Bonveno die Geflüchteten beispielsweise bei der Wohnungs- und Arbeits- bzw. Ausbildungsplatzsuche. Dazu kommt die Koordination von Arztterminen und Hilfe beim Ausfüllen von Anträgen. Damit sich die Geflüchteten zurechtfinden, werden zudem zahlreiche Informationsveranstaltungen mit verschiedenen Kooperationspartnern angeboten. Diesen Bereich möchte Briesemeister künftig ebenso gerne ausbauen wie die Unterstützung bei der Ausbildungs- und Wohnungssuche. Auch die Integration in die Sportvereine soll verstärkt werden. Während die Unterkunft auf den Zietenterrassen somit sozusagen zur Vorzeige-Flüchtlingsunterkunft in Göttingen wird, kommt die Frage auf: Wieso sieht es anderswo, wie beispielsweise auf der Siekhöhe, nicht so aus? Dort gab es immer wieder lautstarke Kritik an den Zuständen der Unterbringung. Ende Juni soll die dortige Flüchtlingsunterkunft geschlossen werden. Broistedt sieht zwei große Unterschiede, weshalb sich das Zietenterrassenkonzept nicht einfach auf die Siekhöhe übertragen lasse:

 

O-Ton 3, Petra Broistedt, 30 Sekunden

Der erste Unterschied sind die räumlichen Gegebenheiten. Auf der Siekhöhe ist eine Lagerhalle umgebaut worden zu einer Flüchtlingsunterkunft. Wir haben in diese großen Lagerhalle kleine Räume abgeteilt, die als Schlafräume dienen. Die müssen aus brandschutzrechtlichen Gründen nach oben hin offen sein. Das heißt, sie haben keine Decke. Das wiederum bedeutet, dass man beim Schlafen seinen Nachbarn hört. Und wir haben dort Gemeinschaftssanitäre Anlagen und auch eine Gemeinschaftsküche und eine Gemeinschaftsverpflegung: Das können wir in einer Lagerhalle nicht ändern.“


Text

Der zweite Punkt sei der Standort. Broistedt räumt ein, dass die Lage der Unterkunft Siekhöhe am Stadtrand für die Integration in die Stadtgesellschaft nicht ideal sei. Auch wenn die Unterkunft auf den Zietenterrassen nicht zentral in der Innenstadt ist, gebe es mit dem dortigen Wohnumfeld Anknüpfungspunkte mit der dort lebenden Bevölkerung. Während die Siekhöhe nun also zum 30. Juni geschlossen wird, könnte die Unterkunft auf den Zietenterrassen weitere drei bis fünf Jahre im Betrieb bleiben. Und auch eine Nachnutzung ist bereits angedacht, wie Broistedt verrät:

 

O-Ton 4, Petra Broistedt, 27 Sekunden

Das, was wir dorthin gebaut haben an Unterkunft, eignet sich auch hervorragend für studentisches Wohnen. Und es gibt ein hohes Interesse der HAWK und des Studentenwerkes nach Auslaufen als Flüchtlingsunterkunft, diese Räumlichkeiten zu übernehmen und für studentisches Wohnen zu nutzen. Das ist aus unserer Sicht eine ideale und auch nachhaltige Nachnutzung, weil, wenn wir dort oben schon Studierende haben, dann macht es doch auch Sinn, dass die dort oben im Quartier leben.“