„Es reicht! - Demo gegen faschistische Umtriebe in Göttingen und überall“
Sendung: | Mittendrin Redaktion |
---|---|
AutorIn: | Anja Würfel |
Datum: | |
Dauer: | 06:01 Minuten bisher gehört: 533 |
Manuskript
O-Ton 1, Atmosphäre Demo, 20 Sekunden
„Alle zusammen gegen den Faschismus, alle zusammen gegen den Faschismus, Nationalismus raus aus den Köpfen, Nationalismus raus aus den Köpfen ...“
Text
Mit diesen Worten zog am vergangenen Samstag ein Demonstrationszug durch die Göttinger Innenstadt, der zuweilen etwa bis zu 1.000 Menschen umfasste. Zu der Demonstration unter dem Motto: „Es reicht! Demo gegen faschistische Umtriebe in Göttingen und überall“ rief die Basisdemokratische Linke in Göttingen auf. Die Basisdemokratische Linke ist ein im Jahr 2013 gegründeter Zusammenschluss verschiedener Basisgruppen der Germanistik und Geschichte sowie verschiedener Einzelpersonen. Ihr Ziel ist es die organisatorische Basis für soziale Kämpfe zu stärken und sich mit Betroffenen politisch aktiv einzubringen. Hintergrund der Demonstration waren zunehmende gewalttätige Übergriffe oder Sachbeschädigungen mit einem rechtsextremen Hintergrund. Die Sprecherin der Wohnrauminitiative Marianne Albers spricht nach dem Auftauchen rechter Schmierereien und Angriffen auf Göttinger Hausprojekte, von einer Kontinuität rechter Gewalt in Göttingen. Dazu einer der Sprecher der Basisdemokratischen Linken, er will Robin genannt werden:
O-Ton 1, Robin, 35 Sekunden
Man kann auf jeden Fall von einer Kontinuität sprechen im Laufe des letzten Jahres würde ich sagen, dass vermehrt rechte Schmierereien aufgetaucht sind im Bereich der Universität aber auch ansonsten im Stadtbild rechte Aufkleber. Das eben vor linken Wohnheimen Bremskabel von Fahrrädern durchgeschnitten wurden. Das ist so ein bisschen wie es sich angekündigt hat, dass es wieder Nazis gibt, die in Göttingen unterwegs sind und irgendwie die Konfrontation suchen. Und jetzt in der jüngeren Vergangenheit hat es sich eben herauskristallisiert, dass es eben so eine Clique gibt von relativ jungen Neonazis und das eben diese Nazis sehr bewusst Auseinandersetzungen suchen, auch körperlicher Auseinandersetzungen.“
Text
Der Basisdemokratischen Linke zufolge gehöre die Gruppe, der die Übergriffe zulasten gelegt werden, vermutlich dem Umfeld von Thorsten Heise an. Der gebürtige Göttinger ist eine der Nazigrößen aus der Umgebung. Heise ist führender Aktivist der Freien Kameradschaftsszene und Mitglied im Bundesvorstand der NPD. Neben diesen Vorkommnissen ordnet die Basisdemokratische Linke der Gruppe auch einen gewalttätigen Angriff im vergangenen November in der Theaterstraße zu. Dabei wurde mit einer Metallstange auf zwei Männer eingeschlagen, bei der einer der Männer einen Kieferbruch erlitt. Die beiden Männer wurden zuvor auf homophobe Weise beleidigt. Neben den bisher erwähnten Vorkommnissen kam es außerdem zu Schmierereien am Platz der Synagoge im August des letzten Jahres und zur Schändung des muslimischen Friedhofs in Northeim im November sowie zu einem Angriff mit Pyrotechnik in der Roten Straße im vergangenen Oktober. Auch der Stadtverband der Grünen kritisiert die Zunahme rechtsgerichteter Schmierereien und Angriffe. Ronja Demel vom Stadtvorstand forderte vor Kurzem alle Bürger dazu auf, sich klar gegen rechts zu positionieren. Mit der Demonstration scheint dies gelungen und auch die Basisdemokratische Linke begrüßte den Zulauf, wie Robin in seinem Fazit erklärt:
O-Ton 2, Robin, 32 Sekunden
„Ich glaube wir können zufrieden sein, wenn da viele Leute sind. Wenn man sieht, dass es auch eine plurale Demo ist, die alle Teile der Göttinger Stadtgesellschaft in irgendeiner Form widerspiegelt, weil es eben auch alle möglichen Menschen sind, die gerade betroffen sind von diesen rechten Angriffen, weil es eben Leute sind die in die Kneipe gehen spätabends und dann völlig aus dem Nichts mit so einer Situation konfrontiert sind und ich hoffe sehr, dass es uns gelingt dafür zu sensibilisieren, dass das gerade passiert, das das in der Vergangenheit immer öfter passiert ist und das die Leute das im Kopf behalten, dass sie sich solidarisch zeigen.“
Text
Dass die Anzahl der rechtsmotivierten Übergriffe in der Vergangenheit zunahm, scheint sich im Bundesland Niedersachsen dabei allein auf die Region Südniedersachsen zu beziehen. Laut des Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) würde es in Niedersachsen zwar einen Rückgang von derartigen Taten geben, jedoch seien die Rechtsextremisten immer besser organisiert und wären zunehmend gewaltbereit. Doch der Demonstrationsaufruf bezog sich nicht nur auf die Vorkommnisse in der Region. Für die Basisdemokratische Linke ist es wichtig festzuhalten, dass die Geschehnisse in Göttingen sich nicht isoliert betrachten ließen und nicht losgelöst seien von den bundesweiten und weltweiten Entwicklungen von autoritären Bewegungen. Die Angriffe stünden dabei nicht für sich allein und seien keine Ausrutscher politisch ungefestigter Jugendlicher, so die Basisdemokratische Linke in einem Redebeitrag der Demonstration:
O-Ton 3, Redebeitrag Basisdemokratische Linke, 25 Sekunden
„Sie sind ein Symptom einer globalen Entwicklung. Weltweit schließen sich Faschistinnen zusammen, um Jagd auf Andersdenkende zu machen. Gleichzeit erstarken in den Parlamenten RassistInnen wie die AFD, Trump oder die FPÖ. Auch die neuen Polizeigesetze zeigen deutlich, dass ein autoritärer Wind weht. Der Staat ist nicht in der Lage Menschen vor rassistischen Übergriffen zu schützen. Er ist Teil des Problems. Deswegen müssen wir uns zusammentun – gemeinsam und solidarisch – und deshalb sind wir heute hier und sagen: Es reicht, lasst uns gemeinsam gegen die faschistischen Umtriebe und autoritären Formierungen demonstrieren! Hier in Göttingen und überall.“
Text
Laut der Landtagsabgeordneten Julia Willie Hamburg von den Grünen liege in Südniedersachsen ein Schwerpunkt der rechten Gewalt und es bestehe aufgrund des hohen Vernetzungsgrades Handlungsbedarf für die Sicherheitsbehörden. Auf eine Anfrage des StadtRadio Göttingen an die Göttinger Polizei vom vergangenen Mittwoch mit Bezug auf die vermeintlich vermehrten Übergriffe von Rechts, wurde bis zum Sonntag Abend keine Auskunft erteilt. Im Zusammenhang mit dem gewalttätigen Übergriff, der einen homophoben Hintergrund zu haben schien, äußerte sich das Queere Zentrum in Göttingen. Weil auch die homo- und transfeindlichen Übergriffe in Berlin stark zugenommen hätten, bietet das Zentrum Unterstützung für Betroffene an. Damit Erfahrungen von Diskriminierung und Gewalt dokumentiert werden können, bitten sie Betroffene oder Zeugen sich an das Queere Zentrum zu wenden. Dort bestünde auch die Möglichkeit eine Gruppe zu gründen, die sich mit Vorkommnissen dieser Art auseinandersetzt.
Zur Verfügung gestellt vom StadtRadio Göttingen
Dieses Manuskript ist urheberrechtlich geschützt und darf nur für private Zwecke benutzt werden. Jede andere Verwendung (z.B. Mitteilung, Vortrag oder Aufführung in der Öffentlichkeit, Bearbeitung, Übersetzung) ist nur mit Zustimmung der Autorin bzw. des Autors zulässig. Die Verwendung für Rundfunkzwecke bedarf der Genehmigung des StadtRadio Göttingen.