Amnesty International: Göttinger setzen sich für Menschenrechte ein
Sendung: | Mittendrin Redaktion |
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AutorIn: | Silke Frischmuth |
Datum: | |
Dauer: | 04:22 Minuten bisher gehört: 401 |
Manuskript
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In gemütlich wirkender Atmosphäre werden ungemütliche Themen diskutiert. Es geht um Haftbedingungen, Folter und Morddrohungen. Die Ortsgruppe von Amnesty International lädt regelmäßig zu Informationsabenden ein. Warum sich die Göttinger in ihrer Freizeit für Menschen einsetzen, die weit weg wohnen, und die sie wohl nie kennenlernen werden? Gudrun Voss, seit über 30 Jahren aktiv bei Amnesty International, erklärt das so:
O-Ton 1, Gudrun Voss, 15 Sekunden
„Ich lebe hier in einer Demokratie, wir wissen manchmal gar nicht das wirklich zu schätzen, und es gibt so viele Diktaturen, und ich habe gedacht, über Amnesty kann ich vielleicht so ein kleines Mosaiksteinchen dazu beitragen, dass sich irgendwo was ändert.“
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Etwas ändern, das schafft die Göttinger Gruppe von Amnesty International tatsächlich. Ein politischer Gefangener in Indonesien wurde Ende 2015 freigelassen, auch dank des jahrelangen Drucks der Göttinger Aktivisten. Der ehemalige Häftling bedankte sich in einem Brief für die Unterstützung aus Göttingen. Das motiviert die Mitglieder von Amnesty International weiterzuarbeiten, wie der Aktivist Maik Knaust beschreibt:
O-Ton 2, Maik Knaust, 22 Sekunden
„Das ist unbeschreiblich, dass man etwas zurückbekommt, dass diese Person, für die man sich jahrelang einsetzt, dann auch freigelassen wird. Das heißt, wir haben halt Erfolge. Und ich glaube, das motiviert am meisten, wenn wir sehen, dass unsere Arbeit zu einer Verbesserung der menschenrechtlichen Situation weltweit beitragen kann. Selbst unsere Gruppe in Göttingen kann dazu beitragen und das ist wirklich ein entscheidender Punkt.“
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Amnesty International gibt es seit 1961. Das Generalsekretariat befindet sich in London. Grundlage der Arbeit ist die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte, die 1948 von der UNO angenommen wurde. Heute unterstützen sieben Millionen Menschen in 53 Ländern die Arbeit, die meisten davon ehrenamtlich. Sogenannte „researcher“ sammeln weltweit Informationen und Beweise zu Menschenrechtsverletzungen. Auf dieser Grundlage werden Kampagnen organisiert und politische Forderungen gestellt. Die Menschenrechtsorganisation ist politisch und wirtschaftlich jedoch neutral, erklärt Knaust:
O-Ton 3, Maik Knaust, 17 Sekunden
„Glaubwürdigkeit ist uns deswegen so wichtig, weil wir unabhängig sein wollen von Lobbygruppen, von Parteien, von politischen Ausrichtungen und vor allem aber auch von Wirtschaftsunternehmen. Weil anders können wir nicht geltend machen, dass wir eine Gruppe sind, die sich für Menschenrechte einsetzen.“
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In diesem Jahr feiert die Göttinger Amnesty-Gruppe den 50. Jahrestag ihrer Gründung. Ein knappes Dutzend Aktiver trifft sich zweimal im Monat und bespricht anstehende Aktionen. Dort entscheiden sie, welche Fälle von Menschenrechtsverletzungen die Gruppe langfristig betreuen möchte. Die Arbeit ist sehr vielfältig. So schreiben die Aktivisten jeden Monat „Briefe gegen das Vergessen“, mit denen sie schon seit längerem Inhaftierte unterstützen. Sie organisieren Ausstellungen, leisten Öffentlichkeitsarbeit und gehen in die Schulen. Den Aktivisten liegen die Menschenrechte auch zu Hause am Herzen. So hat sich die Gruppe entschlossen, Gewalt direkt in Göttingen vorzubeugen. Knaust erzählt, wie das zustande kam.
O-Ton 4, Maik Knaust, 30 Sekunden
„Das hat angefangen damit, dass hier in Göttingen relativ viele Demos nicht ganz so gut gelaufen sind, von Demonstrantinnen und als auch Demonstranten sowie von der Polizei. Da haben wir uns mit dem damaligen Polizeipräsidenten ausgetauscht, ob wir nicht zusammen versuchen, aufeinander zuzugehen. Das ist darin gemündet, dass wir mehrere Bildungsveranstaltungen bei der Polizei gemacht haben. Das heißt, wir haben unsere Arbeit vorgestellt, gerade wie die Menschenrechte in der Polizeiarbeit eine Rolle spielen könnten.“
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Zurzeit unterstützen die Aktivisten vor allem Fray Tomás González Castillo. Dieser hat in Südmexiko eine Herberge für mittelamerikanische Flüchtlinge eröffnet. Er dokumentiert auch Menschenrechtsverletzungen. Damit hat der Franziskanermönch sich Feinde geschaffen. Mehrmals haben er und sein Team Morddrohungen erhalten. Amnesty International fordert die Regierung auf, die Herberge und die Mitarbeiter besser zu schützen. Die Organisation unterstützt stets einzelne Menschenrechtsaktivisten oder politische Gefangene. Das ist ihr Weg, um langfristig auch politische Strukturen zu verändern und die Demokratie zu stärken. Dabei gehe es vor allem darum, gemeinsam an einem Strang zu ziehen, betont Voss:
O-Ton 5, Gudrun Voss, 20 Sekunden
„Es ist ja letztendlich auch so, dass man ganz allein kaum was bewirken kann. Aber hier in der Gruppe: Wir motivieren uns einmal gegenseitig. Dann sind wir ein Teil einer großen Organisation, und somit schaffen wir einiges oder können einiges bewirken.“
Zur Verfügung gestellt vom StadtRadio Göttingen
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