Vom Campus ins Trash-TV: Student Dan bei „Beauty and the Nerd“
Sendung: | Mittendrin Redaktion |
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AutorIn: | Veda Giesecke |
Datum: | |
Dauer: | 05:44 Minuten bisher gehört: 90 |
Manuskript
Text
Beauty and the Nerd ist der Renner bei Trash-TV Liebhabern. Die Einschaltquoten sprechen Bände und die Wachstumskurve der Instagram-Followerzahlen aller Teilnehmenden verrät, wie erfolgreich das Format ist. ProSieben scheint einen echten Glücksgriff getroffen zu haben, auch wenn die Sendung im Programm vielen Zuschauern negativ aufstößt. Der 24-jährige Dan aus Bielefeld studiert seit ein paar Jahren Biologie hier in Göttingen. Er war bei Beauty and the Nerd live im Fernsehen zu sehen. Ich habe ihn gefragt, worum genau es in dem Format geht.
O-Ton
„Also es ist ja ‚Beauty and the Nerd‘, weil es gibt quasi eine Gruppe aus Nerds und eine Gruppe aus Beauties. Die bilden jeweils zusammen ein Team und dann geht’s darum, zusammen Challenges zu bestehen. Also alle wohnen zusammen in einer großen Villa. Das sind dann sieben Teams, also 14 Leute insgesamt. Und nach jeder Challenge ungefähr fliegt dann ein Team jeweils raus, das wird von allen zusammen kollegial gewählt wer rausfliegt.“
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Die Teilnehmenden sind unter konstanter Videoüberwachung in einer Villa auf Ko Samui untergebracht worden. Zwischen Sommer, Sonne und lustigen Challenges gibt es besonders daher vor allem eins: Jede Menge Drama. Denn jeder möchte möglichst lange in der Villa bleiben. Nicht nur um den Urlaub zu genießen, sondern auch, um das Preisgeld von 50.000 Euro pro Team und möglichst viel Sendezeit zu generieren.
O-Ton
„Also an sich, was alles in der Show passiert ist, war wirklich nichts vorgegeben im Sinne von: ‚So, jetzt brauchen wir ein bisschen mehr Streit, mach mal Stress’ oder so. Das war schon alles echt. Aber die meisten sind bestimmt jetzt nicht so im privaten Leben genauso wie in der Show. Also allein das Setting, dass man halt vierzehn Tage lang zusammen aufeinander sitzt in einer Villa, wo man nicht direkt viel zu tun hat, auch die Leute nicht so unbedingt gern hat oder seine anderen Leute vermisst oder vieles andere spielt natürlich mit rein, aber an sich war das schon alles sehr sehr echt. Die Kameras waren schon sehr präsent, also man hat sie auch sehr gesehen und bewegende Kameras, wenn die sich dann auf einen richten und man dann denkt: ‚Okay, also jetzt ist potenziell Sendezeit für mich da‘ oder so. Also man fühlt sich schon beobachtet einfach, das auf jeden Fall.“
Text
Gerade das beeinflusst natürlich auch das Verhalten der Teilnehmenden. Drama bedeutet Sendezeit, und Sendezeit bedeutet Aufmerksamkeit. Aufmerksamkeit bedeutet Followerzahlen und hohe Followerzahlen bedeuten Geld. Dan ist gleich in der ersten Folge ausgeschieden und war nur insgesamt drei Tage in der videoüberwachten Villa vor Ort. Das war das Ziel, welches er mit der Teilnahme an Beauty and the Nerd erreichen wollte:
O-Ton
„Ich war auf jeden Fall nicht aufs Preisgeld aus. Ich hätte es gespendet. Ich war wirklich vor allem eigentlich aus Spaß da. Also ich dachte wirklich eigentlich vor allem: Ich habe die Chance im Deutschen Fernsehen Scheiße zu bauen und halt meinen Freunden halt so was Lustiges zu bieten so, das war wirklich so der Antrieb.“
Text
Beworben hatte sich der Göttinger Bio-Student eigentlich auch nur aus Spaß. Obwohl er seine Bewerbung nur zwischengespeichert hatte, erhielt er einen Anruf von ProSieben. Nur deshalb kam es überhaupt zu seiner Teilnahme. Dans Leben hat sich, insbesondere hier in Göttingen, seit Beauty and the Nerd sehr verändert.
O-Ton
„Also ich bin immer noch normaler Student und alles und mache halt meinen Scheiß, aber ja also es fällt schon auf, dass man zwischendurch angesprochen wird. So ich bin jetzt auch O-Phasen Tutor und allein da haben mich halt ein paar Leute angesprochen und gefragt so ja: ‚Bist du nicht der von Beauty and the Nerd?‘. Und das ist schon ganz witzig, wenn das passiert. Auch in Berlin war ich letztens und sonst überall, immer wieder kommen mal Leute und fragen einen: ‚Bist du der aus dem Fernsehen?‘. Das ist halt schon doch eine Änderung an meinem sonstigen Leben, aber es ist nicht so dramatisch, also ich fühle mich immer noch sehr normal.“
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Trotz des Erfolges von Beauty and the Nerd gibt es einige Stimmen, die sich gegen das Format stellen. Besonders kritisiert wird immer wieder die Vermittlung ganz spezifischer Klischees von Beauties und Nerds und dass die Sendung auf überzogenen Stereotypen aufbaut, welche dem Zuschauer als real verkauft werden.
O-Ton
„Ich guck halt auch Trash-TV super ungern, ich meine es ist sehr stark halt auf die Stereotype reduziert, die da halt gezeigt werden sollen und so. Ich weiß nicht, es ist halt auch Fernsehen für so eine leichte Unterhaltung. Also viele die ich frage, warum sie das überhaupt gucken, die sagen halt auch so: ‚Zum Entspannen‘ oder so ‚Zum Nebenbeigucken‘ und dann ist es halt schon hilfreich, wenn man so Stereotype bedient. An sich finde ich es aber schon sehr kritisch und ich mag es echt nicht, dass man halt auf höchstens ein, zwei Charaktereigenschaften reduziert wird so und dann ist das die Person so ein bisschen. Ich weiß nicht, was das wirklich für eine Auswirkung auf die Zuschauer am Ende hat, ob die dann denken: ‚Ja, so ist ein normaler Mensch halt – eindimensional‘, oder dass die meisten doch wissen, dass das nicht so ist. Aber ich bin an sich nicht so ein großer Fan davon.“
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In vielen vergangenen Formaten wie beispielsweise Germany’s next Topmodel wurde immer wieder auch der Schnitt des Videomaterials kritisiert. Unterstützt die Szenen-Auswahl bei Beauty and the Nerd denn die Art und Weise, wie Stereotype aktiv promoted werden?
O-Ton
„Also mit dem Schnitt war ich persönlich zufrieden. Der eine kommt halt besser weg als der andere sag ich mal, also das dann schon. Aber es wird schon sich Mühe gegeben, dass nicht zu viel den Zuschauern gezeigt wird. Also uns ist halt klar, dass viel rausgeschnitten wird und dass das nicht unbedingt böse gemeint ist, gerade für die Nerds nicht, die sind halt schon gedacht als Sympathieträger.“
Text
Auch wenn er selbst das Problem der stereotypischen Bilder versteht, denkt Dan selbst nicht, dass es problematisch ist, das Format anzuschauen. Folgende Worte richtet er an die Zuschauer:
O-Ton
„Ich glaube ich würde mir mehr wünschen, dass man wirklich nicht davon ausgeht, dass diese Stereotype echt sind. Also uns war allen klar, dass Stereotype in dem Sinne Quatsch sind. Also wir sind nicht Nerds mit nur einem großen Hobby und das war’s in unserem Leben genauso wie die Beauties nicht einfach nur dumm sind und sich schminken oder sowas. Das haben wir aber selber nochmal in der Show wirklich sehr stark gelernt oder bemerkt, wie vielschichtig die doch auch sind auf jeden Fall. Dass die natürlich auch sehr viel über Dinge nachdenken, über ihr Leben oder auch über die Show erstmal selber, wie das funktioniert, wie die sich darstellen wollen. Und ich würde mir wünschen, dass wenn das alles so den Zuschauern auch vorenthalten bleibt, also dass man nicht vergisst, dass das trotzdem noch mehrdimensionale Menschen sind.“
Text
Für sich selbst hat Dan gelernt, dass er das Leben nicht immer so ernst nehmen sollte. Dass solche Formate möglich sind, weil ihnen jegliche Ernsthaftigkeit fehlt und dass er selbst sich daran orientieren kann. Letztendlich stellt sich aber trotzdem eine Frage: Wer trägt die Verantwortung über den Umgang mit solch einem Reality-TV Format? Der Sender, die Teilnehmer oder doch auch die Zuschauer selbst?
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