Eine lustige Dystopie: Junges Theater startet szenische Lesung von Qualityland
Sendung: | Mittendrin Redaktion |
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AutorIn: | Nikita Makarov |
Datum: | |
Dauer: | 04:12 Minuten bisher gehört: 310 |
Manuskript
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„Willkommen in Qualityland!“, mit diesen Worten begrüßt uns der Android Kalliope 7.3, gespielt von Agnes Giese. Nach der sehr erfolgreichen Inszenierung von Mark-Uwe Klings „Känguru Chroniken“, zu der immerhin insgesamt 14.000 Besucherinnen und Besucher ins Junge Theater kamen, kommt auch sein zweites Werk „Qualityland“ auf die Bühne. Wer aber mit einer für das Theater üblichen Darstellung rechnet, der wird hier überrascht: Das Stück wird als szenische Lesung inszeniert. Die Schauspieler lesen aus ihren Skripten und spielen gleichzeitig ihre Szenen. Das Ganze wird von Marius Prill an der Gitarre musikalisch begleitet. Worauf sich das Publikum in der szenischen Lesung zu „Qualityland“ gefasst machen muss, erzählt Nico Dietrich, Intendant des Jungen Theaters.
O-Ton 1, Nico Dietrich, 29 Sekunden
„Es erwartet uns eine Lesung mit Musik. Es erwarten uns Roboter und Androiden. Und es erwartet uns der Kampf David gegen Goliath, Peter Arbeitsloser, der von „The Shop“, alias Amazon, Produkte zugeschickt bekommt, die er gar nicht will – einen rosafarbenen Delfin-Vibrator. Und wir sehen ihn jetzt auf einem Road-Trip zu Henrik Ingenieur, dem Chef von „The Shop“ und [wir sehen] wie er gegen das System kämpft und vielleicht auch gewinnt.“
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Die Reise von Hauptprotagonist Peter Arbeitsloser, der von Jens Tramsen dargestellt wird, wird zum Mittelpunkt der szenischen Lesung. Die Schauspieler fungieren dabei als Reisebegleiter der Zuschauerinnen und Zuschauer. Doch die wichtigste Komponente des Schauspiels ist die Botschaft, die Mark-Uwe Kling verbreiten möchte. Es geht nämlich um ein Thema, das auch uns in Zukunft immer mehr begleiten wird: In Qualityland sind alle Prozesse durch Algorithmen vollständig automatisiert. Es gibt quasi keine Fehler, da alles zu 100 Prozent auf die jeweilige Person abgestimmt ist. Der rosafarbene Delfin-Vibrator ist aber ein Fehler des Systems. Dadurch wird der Ausbruch aus den scheinbar perfekten Gewohnheiten dargestellt. Das Werk stellt die Frage, wie viel Macht eigentlich jeder von uns über seinen digitalen Auftritt hat.
O-Ton 2, Nico Dietrich, 32 Sekunden
„Die Dystopie zeigt eigentlich eine negative Entwicklung unserer Gesellschaft. Marc-Uwe Kling hat dann dieses Paradox[on] in eine lustige Dystopie daraus geschrieben. Das trifft es eigentlich ganz gut, auch im Kern. Was machen künstliche Intelligenzen mit unserem Leben? Wie beschreibt unser Verhalten in den sozialen Medien unsere Wirklichkeit? Welche Auswirkungen haben soziale Medien und unsere Filterblase auf die Realität? Ich finde ja, Mark-Uwe Kling ist ein unterschätzter Soziologe. Er ist auch eigentlich ein sehr guter Beschreiber von Wirklichkeit . Sein Mittel dazu ist der Humor.“
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Für seinen Humor war auch Klings Werk „Die Känguru-Chroniken“ bekannt. Inzwischen gibt es aber dafür und für seine Nachfolger „Das Känguru-Manifest“ und „Die Känguru-Apokryphen“ keine Bühnenfreigabe mehr durch den Autor. Doch auch „Qualityland“ erzählt eine lustige Geschichte mit einem sehr ernsten Thema. Dazu ist auch dieses Werk in der breiten Masse sehr bekannt und beliebt. Das Junge Theater hat häufiger popkulturell sehr beliebte Werke in seinen Spielplan aufgenommen. Das jüngste Beispiel war die Aufführung von „Der Tatortreininger“, die ebenfalls für viele ausverkaufte Theatersäle sorgte. Dietrich erläutert, welche Überlegungen zur Aufnahme von „Qualityland“ in den Spielplan geführt haben.
O-Ton 3, Nico Dietrich, 35 Sekunden
„Wir suchen schon Stoffe, die sich auch für die Bühne eignen. [Wir] rennen jetzt nicht jedem popkulturellen Ereignis aus der Flimmerkiste hinterher. Der Grundsatz unseres Spielplans ist - da gibt es natürlich eine strategische Überlegung dahinter und die ist , dass wir uns als ein Theater für alle verstehen. Wir meinen damit tatsächlich eine ästhetische Strategie. Also, so unterschiedlich die Menschen einer Region auch sind, so unterschiedlich ist auch der Anspruch an Kunst und Kultur. Wir als Junges Theater versuchen, in unserem Spielplan auch für jeden etwas abzubilden. Natürlich diese Spitzen, die wir uns herausgesucht haben, bisschen heller strahlen, ist dann eben naturgemäß Sinn der Sache.“
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Die Premiere von „Qualityland“ geht am 4. März um 20 Uhr im Jungen Theater in Göttingen über die Bühne. Die Szenische Lesung bleibt bis mindestens Ende April im Spielplan.
Zur Verfügung gestellt vom StadtRadio Göttingen
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