Sendung: Mittendrin Redaktion
AutorIn: Malte Weise
Datum:
Dauer: 02:08 Minuten bisher gehört: 201
Stellen Sie sich vor: Sie wurden entführt. Sie wissen nicht wer sie entführt hat und vor allem nicht warum. Sie sind alleine in einem Zimmer eingesperrt und werden von Unbekannten am Leben gehalten. Fünfzehn Jahre lang, und plötzlich werden Sie freigelassen. Was würden Sie tun? Was wie eine übertrieben Interpretation des Corona Lockdowns klingt, ist die Geschichte von „Oldboy“. Ein Beitrag von Malte Weise über einen Film zum Nachdenken.
Dieser Beitrag wird Ihnen präsentiert von: Thomas Hoffmann Immobilien Göttingen

Manuskript

Text

Schon vor dem Sensationshit von 2020 „Parasite“, machte die südkoreanische Filmelandschaft auf sich aufmerksam: mit „Oldboy“. „Oldboy“ ist ein 2003 erschienener Film des südkoreanischen Regisseurs Park Chan-wook und der zweite Teil seiner „Rache-Trilogie“. Genau das ist auch das Thema: Rache. Der Protagonist Oh Dae-su, gespielt von Choi Min sik wird am Abend des vierten Geburtstags seiner Tochter entführt und für 15 Jahre in einem Zimmer eingesperrt. Ohne Fluchtmöglichkeiten, ohne sozialen Kontakte und ohne zu wissen, wer ihm unrecht will und vor allem warum. Nur ein kleiner Fernseher im Zimmer stellt einen Kontakt zur Außenwelt dar. Der Film folgt Oh Dae-su durch seine Isolation und seiner später vermeintlichen neu gewonnenen Freiheit. Er zeigt Szenen der Freude und des Schmerzes eines Mannes, der sich nach 15 Jahren der Gefangenschaft an sein neues Leben gewöhnen muss. Ein Leben mit einer Aufgabe: Rache. Die Rache gegen einen vorerst Unbekannten.

„Oldboy“ überzeugt mit überragenden schauspielerischen Leistungen, grandiosen Szenen und einem packenden Mysterium, das die Zuschauer geradezu an die Leinwand fesselt, begleitet von einer mal schönen, mal schaurigen Musik, die gezielt die Stimmung der Szenen unterstützt. Die Cinematographie spielt mit Perspektiven und Schrägen und erinnert dabei oftmals an einen Comic. Als Schauspieler zeigt Choi Min sik seine unglaubliche Vielfalt an Emotionen, sein Talent als Darsteller und seine Hingabe zum Handwerk. Denn für eine der bildkräftigsten Szenen soll der Schauspieler vier lebendige Oktopusse verspeist haben, bis die Szene perfekt wurde. Und das als Vegetarier. Auch dieses skurrile Detail deutet an: Der Film ist nichts für Zimperlinge. Denn er blickt in die Abgründe der menschlichen Psyche: Folter, Inzest, Gewalt und Suizid. Mal stumpf, mal stilvoll. „Oldboy“ wurde von vielen Filmkritikern als Meilenstein der Kinogeschichte gefeiert, als Kultfilm und als ein Genuss für Filmliebhaber. Vor allem Fans der Filme von Quentin Tarantino, die über exzessive Gewalt hinwegsehen können, werden bei dem dramatischen Action-Psycho-Thriller auf ihre Kosten kommen.