Sendung: Mittendrin Redaktion
AutorIn: Laura Stephan
Datum:
Dauer: 05:24 Minuten bisher gehört: 149
Gerade in unruhigen Zeiten suchen Menschen in Glaubensgemeinschaften nach Hilfe und Halt. Doch wie schaut das Gemeindeleben der Kirchen und religiösen Einrichtungen während der Pandemie aus? Laura Stephan hat mit Vertretern der kirchlichen Gemeinden gesprochen und zeigt vor welchen Herausforderungen sie standen und wie sie z.B. mit der Kommunion/ Konfirmation umgegangen sind.

Manuskript

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Auch für viele Gemeinden kam der „Lockdown“ sehr überraschend. Die üblichen Treffen und Aktionen mussten abgesagt oder ins Netz verlegt werden. Es war zunächst für alle Glaubensgemeinschaften eine Herausforderung. Carolin Herbke vom Gemeindeleitungsteam „St. Godehard“ über die größten Schwierigkeiten und wie das Bistum Hildesheim dabei geholfen hat:

 

O-Ton 1, Carolin Herbke, 39 Sekunden

Die Herausforderung war, Kontakt zur Gemeinde aufrechtzuerhalten und da haben wir in erster Linie die Onlinemöglichkeiten genutzt, auch Telefonanrufe getätigt bei Mitgliedern, von denen wir die Nummern und die Kontaktdaten hatten, natürlich besonders bei Älteren. Und haben gefragt wie es ihnen geht, was wir tun können, ob wir sie unterstützen können und es wurden natürlich in manchen Kirchen Onlinegottesdienste gestreamt, die man dann verfolgen konnte zu Hause. Und ansonsten haben wir von unserem Bistum, die haben Gottesdienste für zu Hause vorbereitet, also Vorlagen, nach denen man zu Hause Gottesdienste feiern konnte, für kleine Kinder mit Familien oder auch für Alleinstehende oder für Gruppen - und das haben wir dann weiterverteilt an die Gemeindemitglieder, damit jeder eine Möglichkeit hat teilzuhaben.“

 

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Für die jüdische Gemeinde gab es eine ganz besondere Herausforderung, denn hier kam der „Lockdown“ unmittelbar vor dem „Pessachfest“. Am 8. April war der Beginn des wichtigen jüdischen Festes an dem der Leidensgeschichte des Volkes Israel gedacht wird. Zum Feiern dieser acht Gedenktage gehören unter anderem das gemeinsame Essen, Singen und das Erzählen alter Geschichten. Susanne Levi-Schlesier, die Geschäftsführerin der jüdischen Gemeinde Göttingen, über das etwas andere Feiern.

 

O-Ton 2, Susanne Levi-Schlesier, 22 Sekunden

Pessach ist Anfang April gewesen, wir haben dann noch die Leute hier bedient die für Ihre privaten Feiern Matze (Anmerk. d. Redaktion: spezielles jüdisches Brot) bestellt haben und Wein bestellt haben. Die Bestellung haben wir hier gehabt, aber wir haben sie zum Beispiel durch unseren Hausmeister weitestgehend ausliefern lassen, sodass sich unsere überwiegend älteren Mitglieder auch gar nicht dem Risiko einer Busfahrt aussetzen mussten oder überhaupt ihr Haus zu verlassen.“

 

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Passenderweise wird übrigens bei dem Fest auch an den Bund mit Gott und seiner Heilserwartung erinnert. Im Frühjahr finden auch die Kommunion und Konfirmationen statt. Während andere Kirchen die Konfirmationen abgesagt haben, hat die „Freie Evangelische Gemeinde“ den Konfirmandenunterricht ins Netz verlegt und im Juni sogar eine Abschlussfeier durchgeführt. Wie dieser Gottesdienst zustande kam, dazu der Pastor Simon Hartung.

 

O-Ton 3, Simon Hartung, 35 Sekunden

Wir waren lange am überlegen, ob wir es verschieben oder nicht, aber wir haben mit den Eltern gesprochen, mit den Kindern gesprochen. Haben ihnen erzählt unter welchen Bedingungen ein Abschluss möglich ist,haben gesagt, das nicht alles möglich ist wie sonst und die Feier danach gibt es eben auch nicht, sondern nach dem Gottesdienst geht es dann auch geordnet nach Hause und die Eltern und die Kids haben dann gesagt, das wollen wir gerne. Wir wollen diesen Punkt haben, wo wir wissen, jetzt ist es auch geschafft und den Punkt wollen wir nicht irgendwie auf unbestimmte Zeit verschieben. Und dann haben wir uns an Werk gemacht. Geguckt unter welchen Bedingungen ist es möglich? Und haben es durchgezogen. Man muss natürlich sagen, das war ein Gottesdienst der natürlich dann sehr aufwendig war.“

 

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Im Nachhinein fand Simon Hartung diesen Schritt übrigens sehr mutig und er erzählt, dass er erleichtert war, als nach zwei Wochen keine Erkrankung gemeldet wurde. Der Wunsch der Eltern und Kinder diesen Abschluss durchzuführen zeigt, dass sie sich nach Normalität sehnen. Auch die Kinder und Jugendlichen hatten und haben mit dieser ungewöhnlichen Zeit zu kämpfen. Carolin Herbke erklärt, wie sie die Kinder während des „Lockdowns“ mit geistlicher Nahrung versorgt haben.

 

O-Ton 4, Carolin Herbke, 30Sekunden

Zu der Schließzeit haben wir es halt so gemacht, dass die Gemeindereferentin hat „Kinderkirche online“ gedreht, sozusagen ein „YouTube“Kanal eröffnet wo Bibeltexte vorbereitet wurden und so Filme von 15 Minuten eingestellt wurden. Die wurden dann verteilt oder auf der Homepage verbreitet für die Familien, damit sie zu Hause dann auch teilhaben können am Glaubensleben. Dann haben wir vor den Ferien über alle Kindertagesstätten und die katholische Grundschule so Briefe mit kleinen Bastelangelegenheiten und Grüßen an die Familien verteilt, um sie so zu erreichen.“

 

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Die Jugend von heute sitzt viel vor dem PC. Aktuell gibt es viele digitale Angebote, sodass die Zeit vor dem Computer immer mehr wird. Wie kann die heranwachsende Generation im kirchlichen Kontext erreicht werden und was sind besondere Herausforderungen, mit denen sich befasst werden muss? Simon Hartung über die Schwierigkeit, Jugendlichen heute Aktionen zu bieten, die trotz der Abstandsregeln möglich und fern der digitalen Welt sind.

 

O-Ton 5, Simon Hartung, 37 Sekunden

Was schwierig war, war tatsächlich die junge Generation in dieser Zeit gut zu begleiten, gute Angebote zu schaffen, weil gerade die sitzen den ganzen Tag vorm Computer und haben die digitalen Angebote von der Schule. Da haben sie nicht so viel Lust, am späten Nachmittag oder abends dann nochmal sich irgendwie mit der Kirche digital zu treffen. Dass hat man schon gemerkt, dass ist für die halt nichts, auf Dauer schon gar nicht. Wir sind eigentlich jetzt erst an dem Punkt, dass wir spüren, okay diese Pandemie und die Zeit des Abstands und dieser Bedingungen wird wohl länger dauern und wir brauchen neue Gedanken, neue Impulse, neue Wege, die wir gehen, damit gerade die junge Generation nicht verloren geht.“

 

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Krisenzeiten sind Zeiten in den nach Gott gefragt wird. Ob es nun eine Erweckung oder eine Abkehr von der Religion gibt, lässt sich zum jetzigen Zeitpunkt nicht sagen. Fest steht jedoch, dass gerade in dieser Zeit häufiger die Frage gestellt wird. „Warum lässt Gott Leid zu?“ Zu welcher Antwort die Einzelnen finden und ob daraus im Herzen ein Glaube entsteht, liegt letztlich nicht in unserer Hand.