Sendung: Mittendrin Redaktion
AutorIn: Emilia Kröger
Datum:
Dauer: 03:26 Minuten bisher gehört: 149
Können Maschinen denken? In der heutigen Zeit würde diese Frage wohl von vielen Menschen bejaht werden. Künstliche Intelligenz kann inzwischen menschliches Verhalten nachahmen, kann selbstständig lernen, um Probleme zu lösen. Ein Grundstein für diese technische Entwicklung legte der Mathematiker Alan Turing. Schon auf dem College konnte Turing beweisen, dass Maschinen jedes Problem berechnen können, wenn es durch einen Algorithmus abgebildet werden kann. Damit kann Turing als Mitbegründer der Informatik und eben der künstlichen Intelligenz gesehen werden. Das Leben dieses Mathematikgenies wurde 2014 in einer Filmbiographie von Regisseur Morten Tyldum auf die Leinwand gebracht. Emilia Kröger hat den Film „The Imitation Game“ gesehen und berichtet uns von ihren Eindrücken.

Manuskript

Text

„Habe ich ihre Aufmerksamkeit? Gut, wenn Sie nicht konzentriert zuhören, werden Ihnen Dinge entgehen. Sie werden aufmerksam zuhören und sich kein Urteil über mich bilden, bis ich fertig bin.“ Mit diesen Worten beginnt Alan Turing seine Geschichte. Dabei sitzt er in einem dunklen, kleinen Verhörzimmer in Manchester im Jahr 1951. Mit dieser Szene beginnt der Film „The Imitation Game“ von Regisseur Morten Tyldum. Von da an leitet uns Alan Turing in nicht chronologischer Reihenfolge durch sein Leben. Dieses war zwar schon immer außergewöhnlich, doch besonders bemerkenswert wurde es durch seine Arbeit für das britische Militär während des Krieges. Das Militär setzte alles daran, den Geheimcode der Deutschen, Enigma, zu entschlüsseln, um durch das Vorhersehen von Überraschungsangriffen den Krieg zu gewinnen. Turing bewirbt sich für dieses Projekt. Doch nicht etwa, weil er der britischen Regierung helfen und den Krieg beenden möchte, sondern weil er von Rätseln und Codes fasziniert ist.

 

Doch obwohl Turing das Rätseln und Codes-knacken sehr liegt, so kann er die Codes des menschlichen Umgangs nicht lösen. Seine Isolierung von sozialen Aktivitäten und seine Abkapselung vom Enigma-Forscherteam führen schnell zu Konflikten. So wird ihm sogar vorgeworfen, er sei ein russischer Spion. Turings Hilflosigkeit in sozialen Interaktionen, die auf andere wie Überheblichkeit und Arroganz wirken, ist dabei schauspielerisch von Benedict Cumberbatch in Turings Rolle hervorragend umgesetzt. Ebenso wie Keira Knightley als Nebendarstellerin wurde Cumberbatch dafür zu Recht für einen Oscar nominiert. Knightley spielt die Rolle der Joan Clarke, die als einzige Frau Teil des Enigma-Entschlüsselungsteams ist und zu Turing eine enge Freundschaft aufbaut.


Diese Filmdarstellung von Turing als klischeehaftes Genie, das Zahlen besser versteht als seine Mitmenschen, ist jedoch von einigen Seiten kritisiert worden. Es treffe nicht den Charakter, den Turing wirklich hatte. Von Menschen, die ihn kannten, wurde er eher als humorvoll, warm und offen beschrieben. Es ist also fragwürdig, warum Turings Charakter von Drehbuchautor Graham Moore so überzeichnet werden musste, zumal seine Biographie bereits so sehr erzählenswert ist. 1952 wird Turing verhaftet, als er einen Einbruch in sein Haus meldet. Der Vorwurf: Unzucht. Turing war homosexuell, was zu der Zeit in Großbritannien als Straftat galt. Das Gericht stellt ihn vor die Wahl, ob er eine Haftstrafe absitzen oder eine Hormontherapie verschrieben bekommen möchte. Um seine Arbeit weiterzuführen, wählt Turing die Therapie, als deren Folge er sich 1954 das Leben nimmt. Die Rehabilitation und eine offizielle Entschuldigung durch die britische Regierung erfolgten erst unter öffentlichem Druck im Jahr 2013. Turing endet die Erzählung seiner Lebensgeschichte im Verhörzimmer in Manchester, indem er den Kommissar und auch die Zuschauerinnen und Zuschauer nun auffordert, das anfangs erwähnte Urteil zu fällen: „Bin ich ein Mensch? Bin ich eine Maschine? Bin ich ein Kriegsheld, bin ich ein Krimineller?“ Turing selber konnte dieses Urteil wohl nicht fällen.