Dunkle Geschichten aus Göttingen – ein neues Leseabenteuer
Sendung: | Mittendrin Redaktion |
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AutorIn: | Tina Fibiger |
Datum: | |
Dauer: | 05:03 Minuten bisher gehört: 210 |
Manuskript
O-Ton 1, Einspieler, „Dunkle Geschichten aus Göttingen“, 16 Sekunden
„Feucht-süßlicher Geruch schlägt dem Besucher entgegen, der sich im Flackern der Kerzenflammen zu orientieren versucht. Schwarze Flecken aus Kellerschimmel überziehen die nach innen gewölbten, bauchigen Wände aus grob gehauenem Kalkstein“
Text
Es darf beim Lesen auch ein bisschen gruselig zugehen, wenn Cornelie Hildebrandt sich in Göttingens Untergrund begibt. „Schön & schaurig“ verkündet schließlich der Untertitel für ihre Sammlung von dunklen Geschichten aus Göttingen. Dabei hat sie allerdings auch Schatzkammern für Genießer im Blick, wie zum Beispiel Bremers Weinkellerei, wo sie schon bald spannende Flaschenrätsel vernahm.
O-Ton 2, Cornelie Hildebrandt, 22 Sekunden
„Dass dieser Weinkeller auch schon während der Kriegszeiten geplündert wurde, die siegreichen Truppen dort die ganzen Weine beschlagt haben und in den Fässern abrollten und dass doch das ein oder andere kostbare Tröpfchen im Garten oder unter dem Stadtwall doch vergraben worden ist. Das waren auch tolle Geschichten.“
Text
Viele dunkle und oftmals wenig bekannte Geschichten entdeckte die Autorin in historischen Chroniken und bei Göttinger Berühmtheiten. Der Dichter Gottfried August Bürger lockte sie in seine Zeit als Amtmann von Gelliehausen, wo sie auf das bewegende Schicksal einer jungen Kindsmörderin traf. Und da die honorigen Göttinger Bürger bereits 1777 über das Liebesleben von Georg Christoph Lichtenberg munkelten, widmete Hildebrandt dem Buckligen und seiner kindlichen Geliebten jetzt einfach ein zartes Stillleben. Sie berichtet auch von faszinierenden Begegnungen beim Erkunden von dunklen Geschichten und erhellenden Eindrücken.
O-Ton 3, Cornelie Hildebrandt, 26 Sekunden
„Also etwas, was vordergründig dunkel ist, wie zum Beispiel die Mikwe: Ein Keller in der Roten Straße, in dem sich ein jüdisches rituelles Bad befand. Und die Geschichte dahinter ist die eines unglaublichen Fundes und eines Hausbesitzers, der jetzt ganz viel für die jüdische Gemeinde in Göttingen tut. Also das ist Helligkeit hinter dunklen Geschichten. “
Text
Zu den Geschichten, die Hildebrandt schon immer mal erkunden wollte, gehört das Schicksal des Psychiatriepatienten Julius Klingebiel, der seine Zelle in einen expressiven Kunstraum verwandelte. Sie schildert, wie sie dabei Einsicht in seine Bilderwelt bekam und in ein finsteres Kapitel Psychiatriegeschichte, um „Kunst in Zelle 117“ zu schreiben.
O-Ton 4, Einspieler, Dunkle Geschichten aus Göttingen, 25 Sekunden
„Die weiß getüpfelten Hirsche stehen in großen Gruppen zusammen. Freundlich äugen die stattlichen Tiere zu dem schüchternen jungen Mann, der am Zaun ihres Geheges steht. Fast ebenso gern wie die beiden indischen Axishirsche betrachtet er die beiden Königstiger, die auf engstem Raum leben. Fremd sind diese Tiere in Deutschland, ihrer Freiheit beraubt und auf unnatürlich kleine Lebensräume zusammengepfercht.“
Text
Im gelehrten Dialog zwischen Carl Friedlich Gauß und Wilhelm Weber lässt die Göttinger Germanistin deren geniale Lichtblitze am dunklen Göttinger Nachthimmel zucken. Sie erkundete auch dunkle Spielorte wie die Tiefgarage des Deutschen Theaters, in der immer wieder dunkle Ereignisse dramatisch in Szene gesetzt werden. Am Albaniplatz erinnert sie mit der Bücherverbrennung an das finstere Kapitel Stadtgeschichte und dass es dazu an der Georgia Augusta auch eine akademische Vorgeschichte gibt.
O-Ton 5, Cornelie Hildebrandt, 22 Sekunden
„Das ist sicherlich auch vielen Göttingern gar nicht bewusst, dass der Begriff Rassismus tatsächlich in Göttingen geprägt wurde, was auf einen Göttinger Professoren zurück zu führen ist: Auf den sich dann mit einer Verzögerung von über100 Jahren erst französische Historiker und dann tatsächlich Nazis berufen haben.“
Text
An der Beschreibung des Bismarcksteins im Göttinger Stadtwald haftet nicht nur die spöttische Bezeichnung „Elefantenklo“ sondern auch die Geschichte studentischer Sonnenwendfeiern, die dort mit viel Pathos zelebriert wurden. Entspannt flaniert die Autorin dann durch das schattige Laub und die Geschichte der Göttinger Bürgerschaft, die schon 1871 ökologische Weitsicht entwickelte, als sie den ausgelaugten Waldboden aufforstete und zum Erholungsgebiet veredelte. Natürlich darf das kulinarische Kapitel über dunkle Genüsse auch Appetit auf schmelzende Mandel-Nougat-Masse machen, die in Göttingen handgeschöpft wird, oder auf die erfrischend aufgefrischte Göttinger Braukunst mit ausgewogenen Malz- und Hopfenaromen. Davon ließ sich auch Cornelie Hildebrandt beflügeln, die auch weiterhin hellhörig bleibt, wenn es um dunkle Geschichten aus Göttingen geht.
Zur Verfügung gestellt vom StadtRadio Göttingen
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