Sendung: Mittendrin Redaktion
AutorIn: Tina Fibiger
Datum:
Dauer: 04:52 Minuten bisher gehört: 154
Sie sieht aus wie ein schmuckes Möbelstück mit feinen Verzierungen. Aber es ist natürlich ihr Klang, der künftig das musikalische Leben in der St. Jakobikirche begleiten wird. Mit der neuen Truhenorgel hat die Göttinger Kirchengemeinde in der vergangenen Woche ein musikalisches Kleinod bekommen, das vor allem bei den Kompositionen von Johann Sebastian Bach und seinen barocken Zeitgenossen zum Einsatz kommen soll. Noch schmückt die Truhenorgel den Altarraum, bis sie am letzten Oktoberwochenende mit einem dreitägigen Fest für die Orgel eingeweiht wird. Aber ihren Klang hat Kantor Stefan Kordes natürlich bereits erkundet. Tina Fibiger war für uns bei der musikalischen Begrüßung für die dritte Orgel in St. Jacobi.

Manuskript

Text

Noch umhüllt eine Lage Klarsichtfolie den hölzernen Turm mit den großen Orgelpfeifen, bis sich dann die Truhenorgel aus der Werkstatt des Niederländischen Orgelbauers Henk Klop hinzu gesellt. Als tragbar und beweglich kündigt Kantor Stefan Kordes das neue musikalische Kleinod an. Allerdings braucht es dann doch vier kräftige Zeitgenossen, um es in den Altarraum zu heben, wo Kordes sich nun mit den Klangfarben vertraut macht.

 

O-Ton 1, Einspieler Orgelmusik, 13 Sekunden

 

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Wie ihre zarte italienische Orgelnachbarin aus Genua hat auch die Truhenorgel fünf Register. Auf das fehlende Pedal verzichtet Kordes bei ihr umso lieber, weil das Manual mit seinen viereinhalb Oktaven geteilt ist. Er kann beim Spielen die Bassstimme mit der linken Hand leise anklingen lassen und mit der rechten Hand die Melodie bekräftigen oder umgekehrt. Schon nach den ersten Klangproben kommt er auch über die Intonation der kleinen Klangtruhe ins Schwärmen.

 

O-Ton 2, Stefan Kordes, 32 Sekunden

Wir haben eine große Konzertorgel, die zu den größten in Südniedersachsen zählt. Wir haben eine italienische Orgel, die für Renaissancemusik geeignet ist, aber auf der ich Bach zum Beispiel nicht mehr spielen könnte. Und dann haben wir diese Orgel, auf der man kleine Stücke solistisch spielen kann ohne Pedal oder mit der man zum Beispiel Bachoratorien oder eine Johannispassion begleiten kann. Ich habe bei der Firma Klop ein Instrument bestellt, was so intoniert ist, dass es sehr schön leicht begleiten kann und sich gut an die Singstimmen anschmiegt. Da bin ich sehr froh, dass wir diesen Klang jetzt hier haben.“

 

Text

Für den Kantor von St. Jacobi schließt sich mit der neuen musikalischen Gefährtin ein Kreis. Er erzählt, wie er auf der Suche nach einer Truhenorgel zufällig die italienische Orgel entdeckte, auf der für ihn die Kompositionen von Frescobaldi oder Byrd viel schöner klingen als auf jeder anderen Orgel. Doch der Plan reifte weiter, neben der imposanten Ott/Schmidt Orgel und dem Instrument aus Genua nach einer Truhenorgel Ausschau zu halten, die mit der Klangwelt des Barock harmonisiert.

 

O-Ton 3, Stefan Kordes, 23 Sekunden

Dann haben wir das Projekt Truhe etwas zurück gestellt. Jetzt, sechs Jahre später, auch nach all dem Spenden sammeln, ist es die Möglichkeit, dass wir jetzt diese Truhe kaufen konnten. Ich bin sehr dankbar, dass die Stiftung Ingeborg Fandrey mit über der Hälfte der Summe sich beteiligt hat, so dass wir die Möglichkeit hatten, auch wirklich große Prinzipalpfeifen zu kaufen, die klanglich sehr schön sind, aber die in der Fertigung sehr teuer sind.“

 

Text

Schon mit den ersten Tönen entfaltet sich ein filigranes Klanggewebe, das sanft schimmern kann, hell aufleuchten und in die dunklen Klangfarben ausschwärmen. Damit verbunden ist natürlich eine besondere Begegnung für den Kirchenmusiker, der erstmals in das neue Instrument hinein hört.

 

O-Ton 4, Stefan Kordes, 21 Sekunden

Es ist sehr aufregend, wie wenn man einen Menschen neu kennenlernt. Man probiert ein bisschen und man guckt, wie reagiert das Instrument. Ich genieße die Ansprache der Pfeifen. Es ist eine sehr deutliche Ansprache von den einzelnen Flöten und Gedackpfeifen, man ist sehr nahe dran. Das sind ja kaum Entfernungen zwischen Spieler und den Pfeifen. Und das ist sehr schön zu hören.“

 

O-Ton 5, Einspieler Orgelmusik, 18 Sekunden

 

Text

Zur Einweihung für das neue musikalische Kleinod plant Kordes zunächst ein dreitägiges Fest für die Orgel. An die traditionelle Freitagabend Orgelmusik am 31. Oktober schließt sich am 1. November die Abendmusik zum Reformationstag mit zwei Konzerten an. Zum Sonntagsgottesdienst am 2. November begleitet die Truhenorgel vier Solisten und Mitglieder des Kammerchor St. Jacobi in Kantaten von Johann Sebastian Bach. Ein weiteres Fest schließt sich dann am 6. November mit einer musikalischen Premiere an. Anlässlich der 2.000 Orgelmusik seit Beginn dieser Konzertreihe erklingen erstmals alle drei Orgeln in St. Jacobi an einem Abend.